Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Christi Himmelfahrt (Teil 2)

12. Mai 2024

Christi Himmelfahrt II

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der Auferstandene muss in seine Heimat zurückkehren, da er nicht mehr den beschränkten Existenzbedingungen der Erde unterworfen ist. Der in den Himmel Aufgefahrene sitzt nun zur Rechten des Vaters. Damit ist nicht ein Ruhen an einem bestimmten Ort ausgedrückt, sondern der Zustand des freien, sicheren Herrschens. Er übt Herrschaft aus. Er ist der Herr dieser Welt, nicht nur der Menschen, sondern des gesamten Alls, auch der Engel. Ihm ist das Sichtbare und das Unsichtbare unterworfen (Kol 1,16f.; Eph 1,19-23). Deshalb sollen sich im Namen Jesu alle Knie beugen im Himmel, auf Erden und unter der Erde. Alle Zungen sollen zur Ehre Gottes des Vaters bekennen: Jesus Christus ist der Herr (Phil 2,9-11). So haben ihn denn auch die Apostel angebetet, als er segnend von ihnen geschieden und in den Himmel aufgefahren ist (Lk 24,51).

Der Abschluss der irdischen Wirksamkeit Jesu bedeutet nicht das Ende des Christentums. Das Zeugnis, das Jesus für sich und seine Sendung abgelegt hat, wird nach seinem Fortgang aus der Welt nicht verstummen. Es wird in dem Wirken des Parakleten und der Jünger weiter erklingen. Das Zeugnis des Parakleten ist die vom Geist Gottes getragene christliche Verkündigung. Jesus wird den Parakleten, den Geist der Wahrheit, vom Vater senden, damit er Zeugnis für Jesus ablegt (Jo 15,26). Der Paraklet ist „der herbeigerufene Beistand“. In den Abschiedsreden Jesu erscheint der Paraklet als Geistperson. Seine Funktion ist dem irdischen Wirken Jesu analog. Er ist identisch mit dem Heiligen Geist (Jo 14,26). Er übernimmt nach Jesu Weggang dessen Lehrfunktion und erinnert die Jünger umfassend an Jesu Worte. Er vollzieht die weitergehende eschatologische Einführung in die Lehre Jesu. Die Kirche weiß sich in ihrer Verkündigung an die Belehrung durch den Heiligen Geist gebunden. Sie hat keine Eigenmacht, weder in der Dogmatik noch in der Moral. Sie hört auf das Zeugnis des Geistes. Die kirchliche Lehre reißt kein Bischof und kein Konzil vom Heiligen Geiste los. Der Paraklet hat aber auch eine Gerichts- und Offenbarungsfunktion gegenüber der „Welt“. Er überführt die Welt in Bezug auf Sünde, Gerechtigkeit, Gericht. „In Bezug auf Sünde, insofern sie nicht an mich glauben; in Bezug auf Gerechtigkeit, insofern ich zum Vater gehe; in Bezug auf Gericht, insofern der Fürst dieser Welt schon gerichtet ist.“ Die Ursünde und die Hauptsünde ist der Unglaube. Alles Unheil beginnt mit ihm und kommt von ihm her. Wenn die Menschheit einig wäre in der Anerkennung des Heilandes Jesus Christus, würde sie sich auch verstehen, schätzen und lieben. Nach Gottes Willen soll die gesamte Menschheit an Jesus glauben als an ihren Retter und Erlöser. Er ist der einzige und eigentliche Offenbarer. Er ist unüberholbar und unersetzlich. Er ist das letzte Wort Gottes. Das ist die Sünde der Welt, dass sie nicht an ihn glaubt. Der Geist zeigt sodann, dass es Gerechtigkeit gibt. Gott sandte seinen Sohn auf die Erde. Er kam, um dem Alten Bund ein Ende zu bereiten und einen Neuen Bund zu stiften, einen Bund der Gnade und nicht des Gesetzes. Er gründete eine neue übernatürliche Gemeinschaft zur Rettung und Beseligung der Menschen. Infolge des Hasses der Führer des jüdischen Volkes endete er sein Leben zu Unrecht am Kreuze. Doch dabei blieb es nicht. Er erstand aus dem Grabe und kehrte zum Vater zurück. Gottes Gerechtigkeit setzte sich durch. Der unschuldige Nazarener wurde von Gott rehabilitiert. Der Geist lehrt schließlich auch das Gericht. Nicht erst am Ende der Tage, wenn der Herr wiederkommt. Nein, Satan ist schon gerichtet. Der am Kreuze siegte, wurde auch am Kreuze besiegt. Das Sühneleiden des schuldlosen Heilands hat der Welt gezeigt, dass das Opfer stärker ist als die Gewalt.

Außer dem Parakleten werden auch die Jünger über Jesus Zeugnis ablegen (Lk 24,48; Apg 1,8). Sie sind als Augen- und Ohrenzeugen seines gesamten irdischen Wirkens dazu besonders befähigt (Lk 1,2; Apg 1,21f.). Die beiden Zeugnisse stehen nicht zusammenhanglos nebeneinander, sondern bilden eine Einheit (Apg 5,32). Der Paraklet legt sein Zeugnis durch die Jünger ab. Denn er erschließt ihnen das tiefere Verständnis für Jesu Wirken und benützt sie als seine Organe für die Fortsetzung des Werkes Jesu (14,26; 16,8-15). „Für mich legt der Heilige Geist, der vom Vater und vom Sohne ausgeht, Zeugnis ab“, erklärt Christus. „Neben dieses Zeugnis, dieses objektive Zeugnis des göttlichen Geistes, tritt euer Zeugnis. Ihr seid von Anfang bei mir gewesen; vom Wüstenrande her, vom Jordanwasser her, das über mein Haupt rann, von der Königsproklamation her, die in mosaischer Liturgie sich drüben bei Johannes entfaltete. Wir sind keine Stunde voneinander getrennt gewesen. Wir lebten im gleichen Atem, oft Schulter an Schulter, Tisch an Tisch, von allen Seiten erkennbar, messbar, durchleuchtet. Ich habe vor euch nie ein Geheimnis gehabt, wenn es nicht das Geheimnis der nächtlichen Aussprache mit dem Vater war, aber auch zu diesen nächtlichen Stunden habe ich oft eine Deputation des Apostelkollegiums mitgenommen. So ist meine Echtheit und Wahrhaftigkeit vor der ganzen Welt bezeugt. Bezeugt durch den Geist und bezeugt durch euch. Die Gestalt des Messias Gottes steht himmelragend felsenfest. An ihr bricht sich die Skepsis eines jeden Jahrhunderts; kein Hass der Welt stürzt dieses Bild. So erschreckt nicht, wenn auch ihr in den Hass gegen den Meister einbezogen seid.“ Das hatte er schon früher gesagt, fünf Minuten früher, in seiner Abschiedsrede. „Wenn die Welt euch hasst, so seid nicht verwundert, sondern wisset, dass sie mich vor euch gehasst hat. Ich trage diesen Hass schulterhoch; denn hinter mir steht die gigantische Wahrheit der Weltgeschichte. Die Welle dieses Hasses springt nicht bis über mein Knie. Ich gehe durch den schwelenden Schaum dieser Lüge der Welt.“

Zuletzt gibt Jesus den Jüngern Aufschluss über den Zweck dieser für sie so schmerzhaften Mitteilungen. Sie werden über den eigentlichen Grund des Hasses der Welt aufgeklärt, damit sie die Notwendigkeit der über sie kommenden Verfolgungen erkennen und daraus die Kraft schöpfen, den Anstoß zu überwinden, der für sie entstehen kann (1 Petr 4,12). „Die Welt hasst euch, weil ihr nicht aus der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt ausgesondert habe (Jo 15,19). Die Welt hasst euch, weil ihr an Gott, den Herrn, den Gesetzgeber, den Richter glaubt. Denn sie glaubt nicht ihn. Er ist ihr lästig mit seinem Du sollst, Du sollst nicht. Und die Gläubigen, die diesen Gott anbeten und ihm gehorchen, sind ihnen ebenso lästig; denn sie erinnern die Gottlosen an seine Existenz und sein Gericht. Sie wollen nicht daran erinnert sein, dass der Mensch beten und auf Gott hören soll.“

„Lasst mich in dieser Stunde noch ein präzises Wort sagen, den Vorhang noch um einen Meter lüften. Ihr sollt nicht überrascht sein, so sage ich es lieber heute restlos. Der Krieg gegen euch wird ein heiliger Krieg sein. Einer eurer Apostel, Paulus, wird aus seiner jüdischen Religiosität und Synagogentreue heraus gegen die junge Kirche wüten, aus Eifer für Gott und die Religion der Väter. Ihr werdet das einmal im Galaterbrief und im Römerbrief nachschlagen können. Dieses Motiv des Hasses müsst ihr begreifen. Zum fünften Buch Moses schreibt die Midrascherzählung: ‚Wer das Blut der Gottlosen vergießt, ist dem gleich, der ein Opfer darbringt.‘ So werden sie meinen, Turteltauben und Schafe, Böcke und Rinder in heiligem Opfer Jahwe entgegenzureichen, wenn sie euch geißeln, verhöhnen, kreuzigen; euer Menschenblut wird ihnen wie dampfendes Tierblut in den Hallen des Siontempels erscheinen.“

„Die ersten Jahre der werdenden Kirche werdet ihr noch im Kulturverband der Synagoge leben. Petrus und Jakobus und Philippus werden beides halten: den jüdischen Sabbat und den christlichen Sonntag. Ihr werdet die Köpfe zerbrechen, ob die Heiden an die Speisegesetze des alten Bundes gebunden sind oder nicht. Aber dann kommt die Stunde der Entscheidung. Ihr werdet aus der Synagoge ausgestoßen, das offizielle Judentum wird euch wie die Schmach seines Hauses betrachten, die man in die Wüste schickt. Es kommt die Stunde, da jeder meinen wird, der euch tötet, er biete Gott einen Dienst.“ Das alles ist eingetroffen. Die Feinde der heiligen Religion waren verirrt und verblendet. In ihrer Engstirnigkeit und Verbohrtheit wüteten sie gegen die besten und nützlichsten Menschen ihrer Umgebung, die gläubigen Christen. Es sei nicht vergessen, dass in den Christenverfolgungen der ersten christlichen Jahrhunderte Angehörige des jüdischen Volkes nicht selten beteiligt waren.

„Tröstet euch. Die Abwendung vom jungen Christentum und der Hass gegen euch ist, letzten Endes, der Einsturz des religiösen Menschen in der jüdischen Endepoche. Sie kennen ihren eigenen Gott nicht mehr. Sie lesen das Tiefste nicht mehr, das ihre religiöse Literatur hervorgebracht hat. Sie nähren sich von der Peripherie und vom Schaum des Tages. Sie sind Tagespolitiker geworden, sie formen den großen Beruf ihres Volkes in imperialistische Händel um. Sie kennen den Vater nicht mehr, und so kennen sie auch mich nicht. Die große Stunde, in der dieses Judentum sich zum Christentum ausblühen sollte und über die Hügel Galiläas herüber Gebirge der Welt erobern sollte, ging unbegriffen an ihnen vorüber. Nun habe ich euch alles gesagt, auch das Letzte, das Bitterste, dass sie meinen aus Religiosität, wie mich, so auch euch hassen und erschlagen zu sollen. Aber seid getrost: Wenn ihr um des Namen Christi willen beschimpft werdet, seid ihr selig, weil der Geist der Herrlichkeit und Gottes dann auf euch ruht“ (1 Petr 4,14).

Amen.

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