5. Mai 2024
Im Namen Jesu
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
05.05.2024
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Der Text dieses Tages bringt den Ausklang der Abschiedsrede Jesu am Gründonnerstag. „Zwischen mir und euch“, sagt der Herr den Jüngern, „lagen in den vergangenen Jahren viele Missverständnisse. Wie wart ihr an euer jüdisches Land, an euer schweres Temperament, an eure oberflächliche Politik gebunden. Immer wieder hattet ihr zu fragen. Nun kommt der Tag, an dem euch alles einleuchten wird. Dann werdet ihr mich um nichts mehr fragen.“
Der Herr nennt den Jüngern die beiden kostbaren Gaben, die aus der Erhöhung des Herrn erfließen. Die erste besteht darin, dass sie nun keine Fragen mehr haben werden. Wie oft haben Jesu Anhänger und Schüler ihn um Auskunft oder Erklärung gebeten! Als Jesus der Volksmenge seine Lehre über das, was unrein macht, dargelegt hatte, befragten ihn seine Jünger über das Gleichnis (Mk 7,17). Als der Herr einen besessenen Knaben geheilt hatte, fragten ihn die Jünger: Warum konnten wir den unreinen Geist nicht austreiben? Als Jesus das Gottesgesetz der unauflöslichen Ehe verkündigte, befragten ihn seine betroffenen Jünger über dieses Gebot. Als der Herr im Vorübergehen einen Mann sah, der von Geburt an blind war, fragten ihn die Jünger: Meister, wer hat gesündigt, er oder seine Eltern, dass er blind geboren worden ist? Als Jesus sein Fortgehen ankündigte, fragte Petrus den Herrn: Wohin gehst du? Als Jesus antwortete: Wohin ich gehe, kannst du mir jetzt nicht folgen, fragte Petrus von neuem: Warum kann ich dir jetzt nicht folgen? Als Jesus den Jüngern erklärte, eine kleine Weile, und ihr schaut mich nicht mehr, und wiederum eine kleine Weile, und ihr werdet mich wiedersehen, fragten sich die Jünger, was es auf sich habe mit der kleinen Weile. Jesus wusste, dass sie ihn fragen wollten, und hatte eine Erklärung für sie bereit. Ihr Unverständnis für die Verkündigung Jesu, das sich in ihren Fragen offenbarte (13,36; 14,5.8.22; 16,17f.), wird ein Ende haben. Das rätselhafte Dunkel, das bisher über seiner Person und seiner Predigt lag (25,29), wird dann voller Klarheit gewichen sein, wenn er über alle Himmel erhöht sein wird.
Gewiss denkt Jesus hier auch an die Belehrungen, die seine Jünger vom Parakleten empfangen werden. Er sagt ja von ihm: „Der Beistand, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe“ (Jo 14,26). „Der Beistand, den ich euch vom Vater her senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, wird über mich Zeugnis ablegen“ (Jo 15,26). „Der Geist der Wahrheit wird euch in alle Wahrheit einführen“ (Jo 16,13). Diese Vorhersagen sind wahrhaft in Erfüllung gegangen. Das ist es, was der Heilige Geist 2000 Jahre in seiner Kirche gewirkt hat: die Gläubigen in die Wahrheit, d.h. in die Offenbarung Gottes einführen. Der Geist hat die Kirche belehrt, wer Christus ist. Wie der dreifaltige Gott beschaffen ist. Wer Maria ist: die Gottesgebärerin. Alle Dogmen der Kirche sind Werke des Heiligen Geistes. Darum hat die Kirche unerbittlich an ihnen festgehalten. Was Gott geoffenbart hat, veraltet nicht. Was er durch seinen Geist gelehrt hat, ist keine Verhandlungsmaterie auf dem Markt des Ökumenismus. Der Heilige Geist bedient sich für seinen Dienst an der Wahrheit des kirchlichen Lehramtes. Papst und Bischöfe sind seine Werkzeuge. Er überträgt ihnen eine wahrhaft gewaltige, eine fast übermenschliche Aufgabe. Nicht jeder Oberhirt versteht und wirkt aus, was der Heilige Geist von ihm erwartet. Ein oberster Hirt der Kirche, der seine Aufgabe begriffen und ihr gerecht geworden ist, war Papst Pius XII. Wenn Gefahren für die Glaubens- und Sittenlehre der Kirche erkennbar waren, griff er sofort mit einem eindeutigen und klaren Lehrwort ein. Unter seinem Pontifikat konnte Unsicherheit über Offenbarung und Glaube nicht aufkommen. Der Heilige Geist war mit ihm. Die Verkündigung des gegenwärtigen Nachfolgers Petri ist leider nicht von der Klarheit und Eindeutigkeit eines Pius’ XII.
Die zweite Gabe ist die Verheißung, dass der Vater alle ihre Gebete erhören wird. Wenn Jesu hier sagt, dass der Vater in seinem Namen das Erbetene geben werde, so heißt das, dass er es um Jesu willen tut, dessen Jünger sie sind. Dann ist aber auch vorausgesetzt, dass die Jünger den Vater unter Berufung auf Jesus und ihre Verbundenheit mit ihm bitten sollen. Da ein solches Gebet erst durch die Erhöhung Jesu möglich wird, haben sie bisher noch nicht in seinem Namen gebetet. Nun aber sollen sie es tun, und sie werden sicher erhört werden. Jetzt verstehen wir, weshalb wir alle unsere Gebete in der heiligen Messe unter Berufung auf Jesus, „durch Jesus Christus unseren Herrn“, an den himmlischen Vater richten. Liturgie ist wesentlich Gebetsgeschehen, in dem sich Begegnung von Gott und Menschen ereignet. Das liturgische Gebet ist grundsätzlich Gebet der Kirche mit und durch Christus zum Vater im Heiligen Geist. So sind die Präsidialgebete der römischen Liturgie fast ausschließlich an den Vater gerichtet. Der Herr hat seine Jünger wiederholt aufgefordert, in seinem Namen zu Gott dem allmächtigen Vater zu beten. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater in meinem Namen um etwas bitten werdet, so wird er es euch geben“ (Jo 16,23f.). „Um was ihr den Vater in meinem Namen bitten werdet, werde ich tun“ (Jo 14,14). „Alles, um was ihr in meinem Namen bittet, will ich tun, damit der Vater im Sohn verherrlicht werde“ (Jo 14,13). Im Namen Jesu beten heißt unter Berufung auf unseren Herrn und Erlöser beten. Im Namen Jesu beten heißt in seiner Gesinnung beten. Im Namen Jesu beten heißt im Einklang mit seinem Willen beten. Im Namen Jesu beten heißt: mit Gutheißung, mit Zustimmung Jesu beten. Da es Gottes Wille ist, uns durch alle Fährnisse zum Heil zu führen, ergibt sich, dass Gebete, die unserem Heil abträglich sind, nicht im Namen Jesu vorgetragen werden. Sie sind gegen die Ordnung des Heils (contra rationem salutis).
Gibt es nicht aber auch unerhörte Gebete? Der heilige Augustinus hat sich wiederholt mit ihnen befasst. „Gut ist Gott, der oftmals nicht gibt, was wir wollen, auf dass er uns gebe, was wir lieber wollen sollen.“ So ist das Abschlagen einer Bitte Antwort, nicht Willkür. „Gott erhört dich vielleicht nicht nach deinem Willen, aber er erhört dich zu deinem Heil“ (Aug.). „Manches wird nicht verweigert, es wird nur hinausgeschoben, um zur geeigneten Zeit gegeben zu werden“ (Aug.). Die Geschichte der Gebetserhörungen liefert den Kommentar zu diesen Aussagen des heiligen Augustinus. Nach den ersten Erscheinungen zu Lourdes musste die junge Bernadette Soubirous auf Geheiß des Ortspfarrers Maria bitten, sie möge als Machterweis den in der Nähe des Erscheinungsortes stehenden Rosenstrauch mitten im Winter blühen lassen. Die Bitte wurde nicht erfüllt. Stattdessen entsprang in der Nähe die Lourdesquelle, die seitdem unzähligen Kranken zum Segen geworden ist. Ein Herr lehnte in einer Gesellschaft das Beten ab, da es ja doch nichts helfe und noch niemand geholfen habe. Darauf gab eine junge Dame die Antwort: „Wenn jemand ein volles Jahr lang Tag für Tag an der Tür seines Freundes pochte und niemals würde ihm geöffnet; würde er das Klopfen fortsetzen? Die Menschheit pocht viele tausend Jahre schon an Gottes Tür. Gäbe es noch einen Bittsteller, wenn dem menschlichen Flehen noch nie wäre geholfen worden?“
Mit Jesu Heimgang zum Vater ist die Stunde des Begreifens und des Bejahens gekommen. Aller Schutt ist dann abgebaut. „Ihr und ich, wir sind dann eins geworden. Euer Herz schlägt dann meinen Puls. Wir sind dann auf einen Schlag gestellt. Euer Gebet wird als dann mein Gebet sein. Es verläuft ganz in meiner Linie. Meine Linie aber ist Aufgehen im Willen des Vaters. Solches Gebet wird immer erhört, denn es bittet im Grunde nur um die Kraft, den Willen des Vaters tragen zu können. Diese Kraft gibt er jedem, der darum anhält. Betet zum Vater in meinem Namen. Solches Gebet erhört er. Bisher hat euer Gebet nie diese Tiefe gehabt. So habe sie es nunmehr. Bittet, und ihr werdet empfangen. Das macht das Glück der neuen Zeit grenzenlos.“ Der Heiland fasst noch einmal die beiden Leitmotive zusammen: Einsicht und Gebetserhörung. Nach beiden Himmelsrichtungen steht Morgenröte. Es bedarf nun keiner Gleichnisse mehr. Alle Schleier senken sich. Ebenso wenig gibt es fruchtlos verhallendes Gebet. Alles Gebet erfüllt sich. „Der Vater liebt euch, als die Gefolgschaft des Sohnes. Euch, die ihr mich geliebt und geglaubt habt, dass ich vom Vater ausgegangen bin. Ja, ich bin von ihm ausgegangen und in die Welt gekommen. Mein Werk habe ich in der Welt vollendet. Ich lasse die Welt und kehre zum Vater zurück. Der Paraklet aber vollendet die von mir begonnene Arbeit.“ Da sagten die Jünger: „Wie offen du jetzt, wie unverhüllt du, Allwissender, du, Gottentstammter redest. Klarer denn je sehen wir heute, dass du von Gott ausgegangen bist.“ Sie neigen sich rückhaltlos vor ihm. Sie sind, zum ersten Male, Christen geworden.
Amen.