6. Mai 2012
Der Geist überführt die Welt
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Bei seinem Abschied von der Erde verheißt Jesus seinen Jüngern den Tröster. Und er schildert die Aufgabe, die dieser Tröster auf sich nehmen wird. „Wenn derselbe kommt, wird er die Welt überführen von der Sünde, von der Gerechtigkeit und vom Gerichte.“ Diese Worte sind nicht aus sich selbst verständlich. Sie bedürfen der Erklärung. Wir wollen versuchen, sie zu verstehen. Wir wollen bei jedem der drei Punkte zwei Fragen stellen, nämlich
1. Was ist unter Sünde, was ist unter Gerechtigkeit, was ist unter Gericht zu verstehen?
2. Wie macht das der Heilige Geist, dass er die Welt von der Sünde, von der Gerechtigkeit und vom Gericht überführt?
An erster Stelle wird dem Geist zugeschrieben, dass er die Welt überführt von der Sünde, „weil sie nicht an mich geglaubt haben“. Das ist nicht allzu schwer zu verstehen. Der Unglaube, die Leugnung Jesu als des gottgesandten Messias, die Abweisung der Offenbarung, das ist die Sünde der Welt. Dass die Menschen den Gottessohn nicht aufgenommen haben, dass sie den Heiland verworfen haben, das ist ihre Sünde. Die Verharmlosung des menschgewordenen Gottes, wie sie üblich geworden ist, seine Verwandlung in einen bloßen Menschen: Das ist die Sünde der Welt. Dass die Menschen sich der Verkündigung Jesu verschlossen haben, dass sie sich der christlichen Predigt auch heute verschließen, das ist die eigentliche Sünde. Jesus hat es eindeutig ausgesprochen: „Wäre ich nicht gekommen, und hätte ich nicht zu ihnen geredet, so hätten sie keine Sünde. Aber jetzt haben sie keine Ausrede für ihre Sünde.“
Die Ungläubigen sind unentschuldbar. Der Unglaube ist eine der schwersten, vielleicht die schwerste Sünde. Denn er ist die Abwendung von der Wahrheit und verletzt die Autorität Gottes. Aber wie macht das der Heilige Geist, dass er die Welt von der Sünde überführt? Er überführt die Welt von der Sünde, indem er Menschen zum Anschluss an den Sohn Gottes, zum Gehorsam gegen die Offenbarung und zur Übernahme des Glaubens führt. Das ist keine Selbstverständlichkeit, dass Menschen zum Glauben finden, dass sie den vollständigen und wahren Glauben an Christus und sein Werk festhalten. Das ist aus natürlichen Motiven nicht zu erklären, denn die Reize der Welt, die Reize des Unglaubens, die Reize des Halbglaubens, sind zu stark. Wenn da nicht eine übernatürliche Kraft zu Hilfe kommt, ist der Mensch unfähig, den Glauben anzunehmen und zu bewahren. Das war schon in der Alten Welt so. Die Götterreligionen waren viel aufwendiger, viel gleißender, viel anziehender als die christliche Religion. Der Kult der Sonne wurde in vielen Ländern betrieben: in Indien, in Babylonien. In Ägypten der Sonnenkönig Re. In Griechenland der Helios; in Rom der Sol invictus. Die Sonne ist ja nun tatsächlich ein Leben spendendes Element. Man kann ein gewisses Begreifen dafür haben, dass Menschen die Sonne als Gott verehrten. Andere betrieben den Kult des Mithras. Im indo-iranischen Raum war der Mithraskult weit verbreitet. Mithras wurde als Lebensspender verehrt. Die römischen Legionäre verehrten ihn als Erlösergott. Im Mittelpunkt seines Kultes stand die Opferung eines Stieres. Der Stier als Symbol der Kraft, wurde ihm geopfert, und durch Mysterien suchte man Anteil an der Gottheit zu gewinnen. Diese Religion zog die Menschen an, weil sie ihre Sehnsucht nach dem Geheimnis befriedigte. In fast allen Ländern der Alten Welt waren Fruchtbarkeitskulte üblich. Sie sollten die Vermehrung von Menschen, Tieren und Pflanzen fördern. Sie wurden ausgeübt bei der Hochzeit, bei der Aussaat, beim Austreiben des Viehs. Ihre enge Verknüpfung mit dem menschlichen Leben gab den Fruchtbarkeitskulten eine beträchtliche Anziehung. Und es muss als ein Wunder der Gnade bezeichnet werden, meine Freunde, dass das Christentum sich gegen diese Kulte durchsetzen konnte. Sie waren viel glänzender, sie waren viel berauschender als die stille und schlichte und nüchterne Form der christlichen Religion. In der Gegenwart sind es andere, falsche Religionen, die um die Menschen werben. Der Islam, der Buddhismus, die Pfingstler, die Mormonen, sie versuchen die Menschen für sich zu gewinnen. In Brasilien haben sie Millionen Anhänger gewonnen.
Wie kommt es, dass die Religionen eine solche Anziehungskraft ausüben? Nun, in der Hauptsache deswegen, weil sie eine gewisse numinose Sehnsucht des Menschen befriedigen. Sie geben vor, den Menschen Anteil zu geben an der Gottheit. Gleichzeitig aber suchen sie den Menschen die Anstrengung des sittlichen Kampfes zu ersparen. Sie reden den Menschen die Sünde aus. Alle falschen Religionen lockern die Zügel der Geschlechtlichkeit. Alle! Und das macht einen großen Teil ihrer Anziehung aus. Man braucht kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn man Unzucht treibt. Die falschen Religionen entfalten deswegen eine beträchtliche verführerische Kraft. Aber dass sich eben Christen sträuben, sie anzunehmen, dass Christen dem Glauben treu bleiben, das ist nicht ohne das Wirken des Heiligen Geistes zu verstehen. Er zeigt den Christen die Sünde dieser falschen Religionen. Er zeigt ihnen die Folgen des Abfalls. Der Abfall von Gott ist immer auch die Zerstörung des Menschen in dieser Welt. Der Heilige Geist offenbart, dass die falschen Religionen keine Alternative zum Christentum sind. Sie sind ein unaufhebbarer Gegensatz. Der Mensch hat nicht die Wahl zwischen Christentum und Islam. Er hat die Pflicht, sich Christus anzuschließen. Das ist die Wirkung der überführenden Tätigkeit des Heiligen Geistes. Er überführt die Welt von der Sünde.
Er überführt sie auch von der Gerechtigkeit: „Weil ich zum Vater gehe.“ – Gerechtigkeit ist die Rechtfertigung oder die Schuldloserklärung vor Gericht, also der Sieg im Prozess. Unser Herr wurde zwei Verfahren unterworfen. Dem Religionsprozess vor dem Hohen Rat und dem politischen Prozess vor Pilatus. Die prozessualen Erfordernisse wurden in beiden Verfahren nicht eingehalten. Der Angeklagte bekam keinen Verteidiger gestellt, Entlastungszeugen wurden nicht zugelassen. Zweimal wurde unser Herr verurteilt. Er, der Schuldlose. Die Ungerechtigkeit triumphierte. Aber dabei blieb es nicht. Der Heilige Geist geht in die Revision. Er rollte den Prozess noch einmal auf. Er verschafft dem ungerecht Verurteilten Gerechtigkeit. Wodurch? Wie macht das der Heilige Geist? Indem er zeigt, dass der himmlische Vater die Urteilssprüche der Menschen verworfen hat. Er hat seinem Sohne Gerechtigkeit verschafft, indem er ihn in seine Herrlichkeit aufgenommen hat. Der Vater im Himmel zeigt durch die Auferweckung seines Sohnes, dass Jesus nicht ein Gescheiterter, sondern ein Erhöhter ist. Er ist nicht ein im Tot Erledigter, sondern er ist ein zur Unsterblichkeit Erstandener. Die Auferweckung Jesu, seine Erhöhung zur Rechten des Vaters, das ist die Wiederaufnahme des Prozesses Jesu. Gott hat den zum Herren und Messias gemacht, den die Juden haben kreuzigen lassen. Er hat den, den die Juden getötet haben, zum Anführer des Lebens gemacht. Er hat ihn, den die Juden ans Kreuz gehängt haben, als Führer und Heiland zur seinen Rechten erhöht. „Wir aber“, sagt Petrus vor den Hohen Rat, „wir sind Zeugen dieser Dinge und der Heilige Geist, den Gott denen gegeben hat, die ihm gehorchen.“
Der Heilige Geist überführt die Welt von der Gerechtigkeit, indem er auch heute die Herolde Jesu, die Boten des Evangeliums, aussendet und ihnen Gehör verschafft. Jesus ist kein Vergessener. Sein Leben und sein Wirken werden heute genau so verkündet wie vor zweitausend Jahren. Dass diese Verkündigung Jesu, die Verkündigung von Jesus, nicht verstummt ist, das ist das Werk der überführenden Tätigkeit des Heiligen Geistes. Aber Sie wissen alle, dass die Boten des Evangeliums bedrängt, verdächtigt, geringgeschätzt, ausgegrenzt, verfolgt werden. Noch immer stürmen die Massen der Ungläubigen gegen die Reste des Christentums im Nahen Osten an. In Nigeria brennen die Kirchen. Und in Deutschland? Wie sieht es da aus? In Freiburg im Breisgau existiert eine autonome „Antifa“. Diese autonome Antifa hat eine Homepage. Auf dieser Homepage steht geschrieben: „Wir beklagen uns, dass in Deutschland höchstens Gebetbücher brennen, nicht aber Kathedralen.“ Und jetzt kommt ein wörtliches Zitat: „Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass wir uns nächstes Jahr an der Glut niedergebrannter Gotteshäuser erwärmen können.“ Ich wiederhole: Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass wir uns nächstes Jahr an der Glut niedergebrannter Gotteshäuser erwärmen können – das schreibt die autonome Antifa Freiburg.
Die Feinde Christi dürfen das ungestört verbreiten. Der Arm der irdischen Gerechtigkeit erreicht sie nicht. Aber – es wird nicht immer so bleiben. Es gibt eine göttliche Gerechtigkeit. „Und Gott hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird. Durch einen Mann, den er bestimmt und durch die Auferstehung von den Toten für alle beglaubigt hat“, so predigt Paulus in Athen. Gott hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird, durch einen Mann, den er bestimmt und durch die Auferstehung von den Toten für alle beglaubigt hat. Der, gerade der, den Menschen in ihrem Gericht verurteilt haben, ist zum Richter des Alls, zum Endrichter eingesetzt.
Wir brauchen nicht zu verzagen, ob der Ungerechtigkeit in dieser Welt. Es wird nicht immer so bleiben, meine lieben Freunde. Es kommt ein Tag, an dem die Gerechtigkeit endgültig und unanfechtbar aufgerichtet wird. Es gibt eine Entschädigung für die Trübsale, die wir um Gottes Willen auf uns genommen haben. Es gibt einen Ausgleich für die Ungerechtigkeit dieser Erde. Gott wird die Gerichte, die Urteile dieser Welt revidieren. Er wird die Wahrheit ans Licht bringen. Der Apokalyptiker Johannes schreibt in seinem Buche: „Jedes Auge wird ihn sehen, auch die, die ihn durchbohrt haben.“
Der Heilige Geist überführt die Welt von der Sünde. Er überführt sie von der Gerechtigkeit. Er überführt sie auch vom Gerichte. Denn der Herr dieser Welt, der Fürst dieser Welt, ist schon gerichtet. Gericht ist hier gemeint als Verurteilung des Unrechts und der Unrechttäter. Es ist eben nicht gleichgültig, ob man Gott dient oder dem Satan.
In Berlin, meine lieben Freunde, haben Satansanhänger den Vorschlag geäußert, auf dem Teufelsberg dem Teufel ein Denkmal zu setzen. Es ist nicht wahr, dass es auf den Glauben an Gott nicht ankommt. Es ist nicht egal, was der Mensch glaubt und wie er lebt. Der Heilige Geist sorgt dafür, dass der Unterschied zwischen Gut und Böse erhalten bleibt. Wie macht das der Heilige Geist, daß er die Welt überführt vom Gericht? Nun, zunächst einmal, indem er Jesus von Nazareth befähigt hat, dem Satan zu widerstehen und ihn zu besiegen. Der Herr ist ja in die Welt gekommen, um die Bollwerke des Teufels zu zerstören. Die Bollwerke des Teufels, das sind seine sichtbaren und unsichtbaren Anhänger: die Dämonen, aber auch die Verlockungen und Verführungen dieser Welt; Augenlust, Fleischeslust, Hoffart des Lebens; die Laster, die so anziehend sind. Der Satan hat gewusst, wozu der Herr gekommen ist. Als unheilige Geister ihn erkannten, da riefen sie: „Du bist der Sohn Gottes!“ In der Synagoge von Karphanaum war ein Besessener und der schrie auf: „Lass uns, was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazareth? Du bist gekommen, um uns zu vernichten. Ich weiß, wer du bist – der Heilige Gottes!“
Christus hat die bösen Geister überwunden. Er hat die Besessenen von ihnen befreit. Den Mann in der Synagoge zu Karphanaum bedrohte Jesus. „Verstumme und fahre von ihm aus!“ Der unreine Geist schüttelte den Mann und fuhr dann mit lautem Geschrei aus ihm aus. Da staunten alle Anwesenden und sagten: „Was ist das? Eine neue Lehre voll Macht. Sogar den unreinen Geistern befiehlt er, und sie gehorchen ihm!“ Jesus aber sagt ihnen, in wessen Macht er die Geister austreibt. „Wenn ich im Geiste Gottes die Dämonen austreibe, dann ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen.“ Im Geiste Gottes treibt er die Dämonen aus. Durch seine exorzistische Tätigkeit überführt der Geist die Menschen vom Gericht, vom Gericht über den Satan. Der Satan gibt freilich keine Ruhe. Er versucht auch die Christen. Doch seine Versuchungen sind nicht unüberwindlich. Der Satan macht die Tugend lächerlich, aber der Heilige Geist stellt ihre Herrlichkeit ans Licht. Der Satan lädt zum Ausleben ein. Aber noch immer gibt es Menschen, die sprechen: „Ich weihe mein Werk dem König!“ Dass sich Menschen aus dem Schlamm herausarbeiten, das ist das Gericht über den Satan. Ein Mädchen, das den Verlockungen des Fleisches widersteht – das ist der Triumph des Heiligen Geistes. Ein junger Mann, der zum Priestertum strebt – das ist das Gericht über den Satan. Ein Ehepaar, das einer Schar von Kindern das Leben schenkt – das ist das Gericht über den Teufel.
Der Heilige Geist, meine lieben Freunde, sucht Mitarbeiter. Er will, dass wir an seiner überführenden Tätigkeit teilnehmen. Er braucht Menschen, die mit ihm und durch ihn die Welt überzeugen, dass es eine Sünde, eine Gerechtigkeit und ein Gericht gibt. Gliedern wir uns in die Schar der Bekenner und Zeugen ein. Zeigen wir durch unser Wort und unser Leben, was Sünde, was Gerechtigkeit und was Gericht ist. Lassen wir uns nicht irre machen durch den Fürsten dieser Welt. Wir sind auf der richtigen Seite. Denn das ist der Sieg, der die Welt überwindet: Unser Glaube!
Amen.