24. November 2024
Im Anfang war der Geist
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Was ist das für ein unaufhörliches Gerenne unter den Ameisen! Ständig geht es hin und her, scheinbar ziellos, einmal hierhin, einmal dorthin. Schier schwindelig werden könnte der Zuschauer. Ganz besonders wenn er sich vorstellt, dass dies im Inneren des Kuppelbaues und dann in einem wahren Labyrinth von Gängen und Kammern unter der Erde so weitergeht bis in eine Tiefe, die der Höhe eines Ameisenhaufens entspricht. Doch der Augenschein trügt. In dem Ameisenstaat herrscht Ordnung, strenge Ordnung sogar, wie sie kein Menschenstaat, auch nicht die unerbittlichste Diktatur, zustande bringt. Jedes dieser vielen hunderttausend Tiere kennt seine Aufgabe. Es weiß instinktiv, wann und wo es am Bau zu arbeiten hat, zu welcher Zeit es mit auf die Jagd gehen muss und wann Kinderpflege an die Reihe kommt. Dieses unbewusste, ererbte Programm lenkt ein jedes Tier zur rechten Zeit genau das Richtige zu tun, ohne dass es jemals etwas lernen müsste. Unbegreiflich, wie derart viele Tiere so gemeinsam tätig sein können, dass dadurch ein sinnvoll organisiertes Gänge- und Kammersystem geschaffen wird. Unter der Erde müssen sie es ausnagen; der Haufen wird aus Ästchen, Halmen, Fichtennadeln, Moos und Flechtenstücken errichtet. Kein studierter Architekt vermöchte besser und ökonomischer zu planen. Als Stützpfeiler dienen im Inneren Kiefernnadeln und Ästchen, der „Mantel“ darüber wird aus kleinen Nadeln zusammengefügt, die „Wände“ der zahllosen Gänge verfestigen die Tiere durch einen „Mörtel“, einem Gemenge aus Erde und Körpersekreten. Die Gangöffnungen werden nachts und bei Abkühlung verstopft, so wie wir unsere Fenster schließen. Auch die richtige Neigung des Hügels wird exakt „berechnet“. Nur dadurch rutschen die Halme nicht ab, zumal sie ständig umgeschichtet werden, damit die feuchten aus dem Inneren trocknen können und sich nirgends Schimmel bildet. Der Hügel ist zugleich „Strahlenfänger“ für schräg einfallende Sonnenstrahlen, die billigste Heizung der Welt ohne Abgase oder Asche. Reicht sie nicht aus, setzen sich Ameisen in die Sonne, heizen sich auf und kehren als „lebende Öfchen“ in ihren Bau zurück.
Kopfunter hat sich die kleine Fledermaus, die langen, nadelspitzen Krallen ihrer Füße tief in eine haarfeine Spalte verankert, an der glatten Felswand aufgehängt. Als wüsste sie sehr wohl, dass ihr ein neuer Start zum Flug vom Erdboden aus nicht möglich ist, hat sie ihren Ruheplatz so hoch gewählt, dass sie sich einfach fallen lassen kann, um sich rechtzeitig vor einem tödlichen Aufprall mit ausgebreiteten Flügeln abzufangen. Dieses Wissen und Können muss ihr angeboren sein; andernfalls bezahlte sie bereits den ersten Flugstart-Versuch mit ihrem Leben. Unglaublich, was das kleine Tier hierbei an Navigation leistet. In Sekundenbruchteilen müssen alle seine Bewegungen exakt aufeinander abgestimmt, miteinander koordiniert, die eine mit der anderen minutiös verglichen und verrechnet werden. Schließlich gleicht keine Startsituation der anderen, und jede Änderung muss in dieser blitzschnellen Verrechnung berücksichtigt werden. Das ist aber noch das Wenigste, was das kaum erbsengroße Gehirn der Fledermaus als lebendiger Computer leistet. Als Nachtjäger verfügt sie über ein besonders raffiniertes Ortungssystem, dessen Präzision alle bislang von Menschen konstruierten Echolot- und Radarsysteme weit übertrifft. Im Fliegen stoßen die Tiere für uns unhörbar hohe Ultraschalltöne aus, die von allen Hindernissen, auf die sie treffen, reflektiert werden. Aus den mit den Ohren registrierten, aus dem Gehirn weitergeleiteten Zeitintervallen zwischen dem Aussenden der Suchtöne und dem Eintreffen ihres Echos bezeichnet dieser Microcomputer unvorstellbar schnell die Entfernung, beim fliegenden Insekt sogar seine Größe, Flugrichtung und Geschwindigkeit. Die nicht minder schnelle Verrechnung all dieser Daten mit Fluggeschwindigkeit und Flugrichtung der Fledermaus korrigiert deren Flugverhalten, so dass sie ihre Beute zielsicher erwischt. Ob ein technisch derart vollkommener Computer nur ein Geschöpf des Zufalls sein könnte, ist längst undiskutabel. Jeder aber, der sich mit Mühe und Geduld in die rechte Handhabung eines Computers eingearbeitet hat, wird das wahre Wunder bestaunen müssen: dass einem Tier die ganze Weisheit des richtigen Gebrauchs eines Computers als ererbte Information vorgegeben ist, codiert schon im Kern der Eizelle, aus der es entstand.
Der französische Chemie-Nobelpreisträger Jacques Monod verteidigt in seinem Bestseller „Zufall und Notwendigkeit“ vehement den sinn- und planlos wirkenden Zufall als einzige schöpferische Kraft in der Natur. Was bliebe einem Atheisten anderes übrig, da nun einmal Planmäßigkeit, die einzige denkbare Alternative zum Zufall, einen Planer voraussetzt? Die einzige denkbare Alternative wäre die Schöpfung. Die aber will man auf Biegen und Brechen leugnen, weil sie einen Schöpfer voraussetzt, dem man als sein Geschöpf verpflichtet wäre. Also gibt man sich alle erdenkliche Mühe, den „Zufall“ im Prozess einer nebulösen „Selbstorganisation“ zum unverbindlichen Ersatz-Schöpfer zu machen. Ach, hätte sich der Ärmste nur ein einziges Mal der wahrlich geringen Mühe unterzogen, ein gewöhnliches Netz der Kreuzspinne mit Muße zu betrachten! Nie und nimmer hätte er übersehen können, dass ein solches Radnetz nichts anderes darstellt als einen in Raum und Zeit verwirklichten Plan. Ganz gewiss hätte er sich von dem Fetisch Zufall ein-für allemal losgesagt, wäre er jemals Augenzeuge beim Verfertigen eines Spinnennetzes gewesen. Da erfolgt nämlich wirklich nicht ein einziger Schritt der acht langen Spinnenbeine zufällig. Keine Bewegung des Tieres beim Spinnen seiner Fäden und deren geschicktem Verspannen zwischen Halmen oder Zweigen, ihrem Verankern im Boden sowie sorgsamem Verknoten zum engmaschigen Fangnetz und dem Anlegen einer klebrigen Fangspirale, die nicht sinnvoll eingeordnet wäre in einem streng nach Plan geregelten Handlungsablauf! Ja, zweifellos nach einem von allem Anfang an vorgegebenen Plan. Alle Kreuzspinnen gehen bei ihrer so kunstvollen Netzweberei nach ganz genau dem gleichen Schema vor. Und dennoch bringt eine jede es fertig, ihr spezielles Netz den jeweiligen besonderen örtlichen Voraussetzungen anzupassen. Aber keine einzige musste dieses Netzbauen lernen – von wem auch? Das gesamte Programm, die Information, der Plan für das so zweckmäßige Verhalt ist bereits im winzigen Spinnenei fix und fertig gespeichert.
Die sinnvolle funktionale Ordnung, die uns in allen Organismen so auffällig begegnet, ist nicht das Ergebnis irgendwelcher geheimnisvoller Fähigkeiten der Materie, aus der sie bestehen und sich aufbauen. Früher sprach man von Urzeugung, heute redet man von Selbstorganisation der Materie. Die tote Materie soll über die geheimnisvolle Fähigkeit verfügen, sich selbst, allein kraft ihrer chemischen Natur und ihrer physikalischen Eigenschaften, zu organisieren. Lebewesen sollen aus toter Materie von selbst entstehen, ohne dass dabei irgendein Plan, ein Ziel zugrunde läge, also rein „zufällig“.
Tatsächlich muss im Kern jeder Eizelle, aus der ein tierischer oder pflanzlicher Organismus heranreift, die gesamte Information bereits vorhanden sein, die den Stoff, die Materie, aus der er sich formt, gerade in diese Form bringt. Auch die entsprechenden Zeitpläne müssen dort als Information gespeichert sein; sonst wäre kein sinnvolles Funktionieren möglich. Aber woher stammt diese Information? Heute ist nicht mehr der geringste Zweifel daran möglich, dass nirgendwo in dieser Welt Information „von selbst“ entsteht, etwa durch eine „Selbstorganisation“ der Materie oder aus Energie. Zwar setzt sie beides voraus, bedient sich sowohl der Materie wie der Energie, aber sie ist niemals allein von ihnen hervorgebracht. Materie und Energie sind bestenfalls Voraussetzungen von Information, mitnichten ihre Ursache. So setzt die Information, die der Inhalt eines Buches vermittelt, die Materie des Papiers und der Druckerschwärze sowie die Energie voraus, mit der die Lettern gesetzt, das gesamte Buch gedruckt wird. Aber Papier und Druckerschwärze allein, mag ihnen noch so viel Energie, etwa in Form von Wärme zugeführt werden, bringen nie und nimmer ein Buch mit sinnvollem Inhalt hervor. Eben dies, ein sinnvoller Inhalt, eine echte „Nachricht“ entsteht allein durch den Geist. Allein der Geist ist es, der die Druckerschwärze auf dem Papier durch die richtig und sinnvoll ausgewählten Lettern in eine bestimmte Form bringt, also „informiert“.
Der Mediziner Hoimar von Ditfurth hat den Satz geprägt: Am Anfang war der Wasserstoff (H). Dieser Satz ist falsch. Am Anfang war nicht der Wasserstoff oder irgendeine andere tote Materie. Vor dem Wasserstoff oder einer anderen toten Materie mussten die Naturgesetze existieren, nach denen sich Materie aufbaut und erhält. Das aber bedeutet, am Anfang war der Geist, war die Information, denn Gesetze, auch Naturgesetze, sind nichts Materielles, sondern Geistiges. Eine echte „Selbstorganisation“, aber nicht der Materie spielt sich Tag für Tag vor unseren Augen ab: überall da, wo ein neues, junges Lebewesen heranwächst. Der genaue Plan zum Selbst-Aufbau eines neuen Organismus ist schon im Kern einer befruchteten Eizelle vollständig enthalten (Erbsubstanz, Genom), in ganz spezifischen Folgen, Abschnitten des langen Kettenmoleküls der Erbsubstanz DNS (Desoxyribonucleinsäure). In unserer Sprache aufgeschrieben bzw. gedruckt würde diese Information eine ganze Bibliothek dickleibiger Bände ergeben. Diese Information ist derart phantastisch codiert, dass sie im mikroskopisch winzigen Kern der Eizelle Platz findet. Die Ursache jeder organischen Form liegt nicht in der Materie, sondern in der Information, die sozusagen als Bauanleitung, als Bauplan bereits in der Erbsubstanz des Kernes jener Eizelle enthalten ist, aus der das betreffende Tier heranwuchs. Der „Stoff“ hingegen ist lediglich Mittel zum Zweck, das passive Element, das von einer übergeordneten aktiven Macht in Form gebracht werden muss. Sie ist selbst nichts Materielles. Sie stellt eine dritte Größe neben Materie und Energie dar und ist stets Ergebnis von „Geist“.
Der Glaube an die zufallsbedingte Entstehung von höherer Organisation widerspricht z.B. schon dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Nach ihm führt in der unbelebten Natur, wenn sie sich selbst überlassen bleibt, der Weg aller Veränderungen immer nur abwärts, von der Ordnung zur Unordnung, aber niemals in umgekehrter Richtung, wie es bei einer Selbstorganisation der Fall sein müsste. Ein jedes Lebewesen demonstriert diesen entscheidenden Unterschied. Während beispielsweise ein Eichbaum aus einer winzigen Eichel heranwächst, entsteht eine unerhörte Fülle von Ordnung aus Unordnung: aus den Bodenmineralien, Wasser und dem Kohlendioxid der Luft. Der lebendige Keimling baut mit Hilfe des Sonnenlichts als Energiequelle diese ungeordneten Stoffe um zu hochkomplizierten organischen Verbindungen und formt daraus Wurzeln, Sprosse, Blätter, Blüten und Früchte. Der vollständige „Bauplan“ für diese Entfaltung ist bereits in der pflanzlichen Eizelle im Samen enthalten, einschließlich auch des exakten Zeitplanes. Der in jedem der zahllosen Eichelfrüchte enthaltene Plan, die getreue Kopie der gesamten „Information“ der Ursprungs-Eichel, wirkt ein ganzes Eichelleben lang, und das können nahezu anderthalbtausend Jahre sein. Von dem Augenblick an jedoch, da der Baum abgestorben ist, beginnt ein genau entgegengesetzter Prozess. Seine wunderbare Ordnung zerfällt wieder zum „Chaos“. Er verwest, denn jetzt herrschen nur noch die Gesetze der toten Materie, die seinen Abbau verursachen. Was schließlich übrigbleibt, ist ein Häufchen Mineralien und sind die Gase Kohlendioxid und Wasserdampf. Auch die in dem Baum gespeicherte Energie geht bei diesem Abbauprozess verloren. Das Holz verbrennt oder vermodert. Nirgendwo auf der Erde wurde jemals beobachtet, dass sich „von selbst“ aus solchen Mineralien und Gasen ein geordneter Organismus aufbaut. Das ist nur möglich mit der Information einer Erbsubstanz. Diese Information, der Plan im Keimling, ist der ausschlaggebende Faktor.
Tatsache ist: Keine Materie organisiert sich selbst zu irgendwelchen sinnvollen, bestimmte Aufgaben erfüllenden funktionalen Formen. Die Materie erweist sich als der reine Baustoff, mit dem organisiert wird; sie ist Mittel zum Zweck, Voraussetzung, keinesfalls jedoch Ursache der zu schaffenden Form. Was unerlässlich hinzukommen muss, das ist ein Bauplan, eine minutiöse Information, wie die verschiedenen Bauelemente einander zugeordnet werden müssen. Es ist die Information, die Leben in allen seinen Erscheinungsformen möglich macht. Sie ist der ausschlaggebende Faktor, nicht die Materie, deren sie sich bedient. Sie muss von Anfang an im Kern jener Ursprungsquelle sein, aus der sich der Organismus als lebendes System aufbaut und organisiert. Information kommt vom Geist und von nichts anderem. Sie ist eine dritte, eigenständige Größe neben Materie und Energie. Nichts Geordnetes, nichts „Organisiertes“ auf dieser Welt wurde ohne Information, ohne Geist. Im Anfang war die Information. So würde Goethe in unserer Zeit seinen Faust den Beginn des Johannesevangeliums übersetzen lassen. Im Anfang war der Logos und nicht die Materie Wasserstoff.
Amen.