10. Juli 2011
Die Kirche – Mittlerin der Gnade und Wahrheit
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Im heutigen Kirchengebet fleht die Kirche, dass sie Gott ungestört und ruhig dienen möge. Diese Bitte ist verständlich, denn die Kirche findet bei ihrem Dienst mannigfache Widerstände. Es gibt einen zweitausendjährigen Kampf gegen die Kirche. Die Feindschaft gegen die Kirche zielt in letzter Linie immer auf Gott. Denn die Kirche ist ja nichts anderes als Gottes Herold. Was sie verkündet und was sie tut, ist ihr vom Herrn aufgetragen. Sie bringt nicht eigene Weisheit vor, sondern war Gott sie gelehrt hat. Die Feinde der Kirche sind sich einig im Kampfe gegen das Königtum Gottes. „Wir wollen nicht, dass dieser über uns regiert.“ Wir wollen mit Mehrheit regieren – wie im Bundestag. Und die Mehrheit kann alles. Sie verwerfen seine Lehre, sie verwerfen seine Gebote, sie wollen nach eigenen Gelüsten leben. Wer sie stört – wie die Kirche – der wird bekämpft. Wegen dieser Verkündigung: „Du sollst… du sollst nicht…“, wegen dieser Verkündigung wird die Kirche gehaßt, verbünden sich ihre Hasser, um sie zu erledigen, um sie aus der Öffentlichkeit zu verdrängen.
Die Feinde der Kirche besitzen zwei Methoden, um der Kirche zu schaden. Die erste besteht darin, dass sie ihr die Schwächen ihrer Glieder vorhalten, dass sie mit den Fingern zeigen auf diejenigen Kirchenglieder, die nicht nach ihren Geboten wandeln, vor allem auf die Kleriker, die sich gegen Gottes Gebot verfehlen. Einzelfälle unlauteren Verhaltens werden verallgemeinert, geringfügige Verfehlungen werden aufgebauscht. Ich weiß heute noch nicht, weswegen der Bischof von Augsburg zurücktreten mußte. Die zweite Weise, wie die Gegner der Kirche vorgehen, ist, dass sie historische Ereignisse heranziehen, um damit der Kirche zu schaden. Sie fahren mit dem Entsorgungskübel durch die Geschichte und sammeln alles auf, was jemals von Kirchengliedern an Schlimmem begangen worden ist. Dann führen sie diesen Schund den Menschen vor und sagen: Seht ihr, das ist die katholische Kirche!
Zu diesen Anwürfen, Vorwürfen, Anschuldigungen, Beschuldigungen ist folgendes zu sagen, meine lieben Freunde. Jedes Versagen einer Kirchenmannes ist beklagenswert. Jeder Fehltritt ist einer zuviel. In den Fehltritten der Kirchenglieder wird aber zuerst die Kirche getroffen. Sie wird ja geschmäht, ihr wird ja Schande bereitet durch das, was Glieder der Kirche tun. Wer sündigt, verfehlt sich nicht nur gegen Gott, er verfehlt sich auch gegen die Kirche. Er fügt ihr Schmerz und Schande zu. Es ist aber unredlich, eine Erscheinung wie die Kirche allein oder vorzugsweise nach den Fehlern oder dem Versagen einiger oder vieler Glieder zu beurteilen. Wer ihr gerecht werden will, muss ihr Wesen, ihre Aufgabe und ihr Wirken ins Auge fassen. Dann mag er urteilen.
Die Kirche ist der große Organismus des Heils, das Volk Gottes, die Gemeinde Christi, die hierarchische Institution, eine gottgestiftete Körperschaft. Sie ist von Gott gegründet, um die Menschheit zum Heile zu führen. Er hat sie dafür mit den Mitteln ausgestattet, die dazu erforderlich sind, und die Kirche hat diese Aufgabe immer ausgeführt, 2000 Jahre lang. Gewiß nicht immer mit Erfolgen, nicht immer auf der Höhe ihrer Berufung, aber immer konnte in der Kirche der Glaube Christi gefunden, konnte in ihr die Gnade Christi erlangt werden. Immer.
Die Kirche eröffnet den Menschen die Welt des Übernatürlichen. Das Natürliche liegt uns zur Hand. Wir haben die Kenntnis der Naturgesetze, wir schätzen die Wissenschaften, die Naturwissenschaften, und wir sind dankbar für das, was sie uns vermitteln. Aber keine Wissenschaft und keine Gelehrsamkeit ist imstande, uns die Welt des Übernatürlichen zu eröffnen, also den Weg zum dreifaltigen Gott, die Einheit mit Christus, das Leben in der Gnade. Das alles ist nur möglich, weil es eine Institution gibt, die wir katholische Kirche nennen. In ihr lebt die Wahrheit und die Gnade, die Christus auf diese Welt gebracht hat. Dass die Kirche dies tut und dies vermag, das zeigt ihre Unentbehrlichkeit. Sie gibt den Menschen Christus, den echten, den wahren, den ganzen Christus, nicht ein Zerrbild Christi. Ohne die Kirche wüßten wir nichts vom wirklichen Christus. Ohne die Kirche würden wir ihn als einen bloßen Propheten oder als einen edlen Menschen ansehen. In der Französischen Revolution wurde Christus als der erste Sansculotte, als der erste Revolutionär vorgestellt. Christus der erste Sansculotte!
Die Kirche gibt uns den Glauben. Der Glaube, meine Freunde, ist Teilnahme am Wissen Gottes. Wo die menschliche Erkenntnis endet, da setzt der Glaube ein. Im Glauben eröffnen sich uns Horizonte, welche die Welt des Sichtbaren und Greifbaren hinter sich lassen und in die Wirklichkeit des Unsichtbaren und Transzendenten hineindringen. Glauben tut jeder und muss jeder. Wer den Glauben nicht aus der Hand der Kirche entgegennimmt, der macht sich ihn selbst zurecht und geht entsprechend in die Irre. Das gilt erst recht für die Sittenlehre. Wer die Gebote Gottes nicht aus der Hand der Kirche entgegennimmt, der bastelt sich eine Sittlichkeit nach eigenem Geschmack. Das ist der Grundirrtum der Demokratie, dass sie meint, mit Stimmenmehrheit alles beschließen zu können. Das ist ihr Grundirrtum, dass sie Grenzen des göttlichen Rechtes nicht anerkennt, wie wir soeben wieder im Bundestag erlebt haben.
Die Kirche gibt den Menschen den Glauben, den Glauben an das Recht Gottes und an die Rechte der Menschen. Der Glaube, den die Kirche lehrt, ist ein vernünftiger Glaube. Der Heilige Vater wird nicht müde, immer wieder hervorzuheben, dass Glaube und Vernunft zusammengehören. Der Glaube ist nicht gegen die Vernunft, er ist über der Vernunft, und er ist mit der Vernunft. Er widerspricht nicht der Vernunft, er übersteigt sie. Was dem Verstand nicht zugänglich ist, wo er seine Grenze findet, das wird im Glauben uns eröffnet. Die Kirche gibt den Glauben durch Schrift und Überlieferung, nicht durch Schrift allein, sondern durch Schrift und Überlieferung. Die Heilige Schrift ist ja ein Bestandteil der Überlieferung. Sie ist in der Gemeinschaft der Kirche entstanden, in welcher der Strom der Überlieferung fließt. Bevor es die Schrift gab, existierte die Überlieferung. Es gab einen Zustand der Kirche, in der es keine Schrift gab, wohl aber eine Überlieferung. Die Überlieferung garantiert uns das rechte Verständnis der Schrift. Nicht jede beliebige Interpretation der Heiligen Schrift ist zulässig und berechtigt, sondern nur jene, die der Heilige Geist in der Überlieferung uns vorlegt. Mit Schrift und Überlieferung bewahrt die Kirche den Glauben der Apostel. Deswegen ist sie die apostolische Kirche.
Die Kirche lehrt die Menschen beten. Durch das Gebet gelangen die Menschen zur Verbindung mit Gott. Gott ist das höchste Gut, Schöpfer und Erhalter des Lebens. Diese Tatsache muss der Mensch anerkennen. Die Anerkennung geschieht im Gebet. Das Gebet ist die Bejahung der Abhängigkeit des Menschen von Gott. Insofern ist das Gebet ein Ausdruck der Ehrlichkeit. Das Gebet lehrt den Menschen, sich seinsgerecht zu verhalten, nämlich als Geschöpf, das seinen Schöpfer anbeten muss. Mir ist angst vor Menschen, die nicht beten. Die Kirche lehrt auch, wie man beten soll: ehrfürchtig, ehrerbietig, gottergeben, demütig. Sie lehrt uns das Bittgebet, sie lehrt uns das Dankgebet. Durch das Gebet sind ungeheure Dinge in dieser Welt entschieden worden. Die Gläubigen von Österreich waren überzeugt, dass der Abzug der Russen im Jahre 1955 dem tausendfachen Rosenkranzgebet der katholischen Kirche zu verdanken war. Das Gebet ist unerläßlich für den, der sich seinsgerecht verhalten will.
Die Kirche gibt uns auch den Tag des Herrn. Sie schenkt uns an diesem Tag die Begegnung mit dem auferstandenen Heiland. Sie führt uns zur gemeinsamen Gottesverehrung. Der Kirche verdanken wir den Sonntag. Der Sonntag reißt die Menschen aus dem Arbeiten und aus dem Verdienen zur zweckfreien Verehrung Gottes – zur zweckfreien Verehrung Gottes. Sie führt die Menschen zum Gottesdienst. 2000 Jahre schon erfüllt sie den Auftrag des Herrn: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ So sorgt sie dafür, dass das Kreuzesopfer Christi nicht vergessen wird, sondern dass die Menschen sich mit dem geopferten Christus im Messopfer verbinden. Der Sonntag, meine Freunde, ist auch von hoher sozialer Bedeutung. Der arbeitende Mensch soll Ruhe finden am siebenten Tage, er soll seine Kraft erneuern, er soll sich erholen können. Der Sonntag ist der Tag der Atempause. In der Französischen Revolution wurde die Zehntagewoche eingeführt, also ein Ruhetag immer erst nach 9 Tagen. Das Experiment ist fehlgeschlagen. Die gesamte französische Bevölkerung, ob gläubig oder ungläubig, hat sich gegen die Zehntagewoche gewehrt und sie abgelehnt. Sie sah darin eine Ausbeutung der Arbeitskraft.
Die Kirche lehrt den Wert und die Würde der Arbeit. Die Menschen sind berufen, Gottes Schöpfungswerk fortzusetzen. Das geschieht in der täglichen Arbeit. Wer arbeitet, ehrt die Gaben des Schöpfers und gebraucht die empfangenen Fähigkeiten. Die Kirche lehrt die Arbeit als ein Mittel der Heiligung. „Alles, was ihr tut in Wort oder Werk, tut alles im Namen Christi“ mahnt der Apostel. Sie gibt uns die hervorragendsten Vorbilder der Arbeit. Jesus Christus, unser Herr, hat die Arbeit geheiligt, indem er selbst im verborgenen Leben Handarbeit geleistet hat. Joseph, sein Pflegevater, ist der Patron der Arbeiter. Über der Arbeit des Christen steht das Wort des Apostels: „Tut alles zur Ehre Gottes!“ Eine höhere Motivation für die Arbeit kann es nicht geben.
Die Kirche gibt den Menschen das Priestertum, nicht bloß den Prediger, nicht bloß den Religionsdiener, sondern den Priester. Priester sind Menschen, die seinsmäßig – ontologisch – die seinsmäßig Christus, dem Hohenpriester, verähnlicht sind und von ihm mit erhabenen Aufgaben und Vollmachten ausgestattet sind. Es muss Handwerker, es muss Gelehrte, es muss Techniker geben. Aber es muss auch Priester geben, die den Menschen den rechten Weg weisen, wenn alle anderen Wege sich als Irrwege erwiesen haben, die den Verbitterten Trost spenden, wenn jeder menschliche Trost versagt. Wir brauchen Priester, die den Dienst am Allerhöchsten zu ihrem Lebensberuf und zu ihrem Lebensinhalt machen. Die Kirche schenkt den Menschen den zölibatären Priester. Die Priester der katholischen Kirche sind Menschen, die dem Aufruf Christi folgen, Haus und Frau, Brüder, Eltern und Kinder zu verlassen und ihm nachzufolgen. Er selbst hat das Beispiel des zölibatären Lebens gegeben. Der zölibatäre Priester zeigt, dass die wahre Religion, dass der Dienst Gottes jedes Opfer wert ist, auch das Opfer der Ehe. Der Zölibat ist ein Zeichen des Glaubens. Wer Gott zum Inhalt seines Lebens macht, muss das Alltägliche irgendwie hinter sich lassen.
Der Verzicht auf die Ehe läßt die Menschen aufhorchen. Da ist einer, der um Gottes willen ein hohes Gut aufgibt, um ein noch höheres zu erwerben, die Angleichung Christi in der Lebensform. Die Kirche braucht den zolibatären Priester. Wenn es ihn nicht gäbe, müßte man ihn einführen.
Die Kirche schenkt den Menschen die Vergebung der Sünden. Christus hat die Gewalt, Sünden zu vergeben, der Kirche übertragen. Das Bußsakrament, meine lieben Freunde, ist eine Quelle des Segens und des Friedens. Durch die Vergebung der Sünden wird der Mensch innerlich geheilt. Er wird mit Gott und den Mitmenschen versöhnt. Ich habe nichts gegen Psychotherapeuten, ich habe nicht gegen psychotherapeutische Behandlung. Sie kann hilfreich sein, sie mag vielleicht sogar notwendig sein. Aber wenn alle Psychotherapie am Ende ist, dann bleibt immer noch ein Problem ungelöst, nämlich das Problem der Schuld. Auf der Couch wird keine Schuld vergeben. Die Schuld wird vergeben im Beichtstuhl der katholischen Kirche. Im Sakrament der Buße hat die Kirche unzähligen Menschen den inneren Frieden, die Aussöhnung mit den Feinden, die Harmonie in der Ehe und die Verständigung mit den Mitmenschen geschenkt. Es sähe anders aus in unserem Volke, wenn die Mitglieder der Regierung und die Abgeordneten des Bundestages vor Aufnahme ihrer Tätigkeit eine Generalbeicht ablegen würden.
Die Kirche hat die Verbindung, die wir Ehe nennen, geadelt. Wenn christliche Menschen sich zur Ehe verbinden, gehen sie eine lebenslange Liebesbeziehung in Christus ein. Ihr Leben miteinander soll ein Abbild des Lebens Christi mit der Kirche sein. Der bedeutende deutsche Dirigent Wilhelm Furtwängler hat einmal voll Bewunderung gesagt: „In der katholischen Kirche ist die Ehe ein Sakrament.“ Wahrhaftig, das ist sie. Kein bloßer bürgerlicher Vertrag, keine alleinige Arbeitsgemeinschaft, sondern ein Gnadenzeichen Gottes. Mit der Ehe lehrt die Kirche auch die Menschen den rechten Gebrauch der Geschlechtlichkeit. Die katholische Sexualmoral steht im Dienst der wahren Liebe. Wahre Liebe ist Liebe ohne Egoismus. Wahre Liebe ist eine Liebe, die schenkt und dient. Die Kirche hat die Menschen gelehrt, dass sexuelle Betätigung allein berechtigt ist in der gültigen Ehe. Wenn dagegen tausendfach verstoßen wird, um so schlimmer für die Menschen, die sich nicht an die Gebote Gottes halten. Die Kirche lehrt auch, dass die sexuelle Betätigung eine doppelte Bedeutung hat. Sie hat zwei Funktionen. Einmal soll sie die liebende Verbindung zwischen Mann und Frau ausdrücken und vertiefen – hoffentlich! hoffentlich! Sodann soll dieser Akt der Nachkommenschaft das Leben schenken. Wahre Liebe ist offen für Kinder. Die Kirche lehrt, dass diese beiden Funktionen nicht willkürlich getrennt werden dürfen. Sie fordert mit dem Apostel Paulus eine Liebe bis zu Hingabe des Lebens. „Ihr Männer“, schreibt Paulus im Epheserbrief, „ihr Männer, liebet eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat.“ O, ihr Männer, da wird viel verlangt! Liebet eure Frauen, so wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat. Wahre Liebe ist lebenslängliche Liebe. Die Kirche lehrt die Unauflöslichkeit der gültigen vollzogenen Ehe. Sie ist die einzige unter Hunderten von Religionsgemeinschaften, die an der Unauflöslichkeit der Ehe festhält, die einzige.
Die Kirche ist auch stets den leidenden Menschen nahe. Ihr Herr und Meister hat sie die tätige Nächstenliebe gelehrt. Er setzt sich ja mit dem geringsten seiner Brüder oder Schwestern gleich. Er lehrt, dass das Gericht Gottes nach dem Maßstab der Zuwendung zum Mitmenschen ergehen wird. Die Kirche, meine lieben Freunde, die Kirche, die einen gepeitschten Sklaven auf die Altäre stellt, die versteht etwas vom Leiden. Die Kirche hat sich allezeit der Kranken angenommen. Der Herr und Heiland war allen Menschen nahe, aber besonders am Herzen lagen ihm die Kranken, die Gelähmten, die Gichtbrüchigen, die Tuberkulösen, die Aussätzigen. Er setzte seine Wundermacht ein, um sie zu heilen. „Er hat alles wohl gemacht. Den Tauben gibt er das Gehör und den Stummen die Sprache.“ Die Kirche hat sich auch immer der Kranken angenommen, zu denen niemand gehen mochte, nämlich der Aussätzigen. Im 19. Jahrhundert ging der kräftige Bauernsohn Damian Deveuster, ein Flame, auf die Insel der Aussätzigen nach Molokai und hat dort den Aussätzigen gedient. Als die Krankheit auch ihn überfiel, da hat er ausgeharrt und war glücklich, dass er noch mit den Händen den Heiland halten konnte. Von Albert Schweitzer spricht jeder Mensch, aber Damian Deveuster ist völlig unbekannt, wahrscheinlich weil er ein Katholik ist.
Die Kirche war immer den Sterbenden nahe. Sie versteht etwas vom Sterben, denn ihr Gründer ist selbst einen qualvollen und schimpflichen Tod gestorben. Er hat es vorgemacht, wie man sterben soll, nämlich in Ergebung in Gottes Willen: „Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist.“ Er hat gezeigt, dass man auch in der Todesstunde noch Segen spenden kann. „Heute noch, heute noch“, sagt er dem Schächer, „heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein.“ Am Kreuze hat uns der Herr eine Mutter geschenkt. Als er zum Johannesjünger sprach: „Siehe deine Mutter!“ da hat er allen Christen diese Frau zur Mutter gegeben. Die Kirche gibt uns die Mutter, die Hilfe der Christen, die Trösterin der Betrübten, das Heil der Kranken, die Zuflucht der Sünder. Wenn die katholische Kirche den anderen nichts voraus hätte außer der Marienverehrung, das wäre schon wunderbar.
Die Kirche hat zahllose Menschen in der Nachfolge Christi zur Heiligkeit geführt. Die Heiligen, meine Freunde, zeigen uns, dass es möglich ist, Triebe und Leidenschaften zu zügeln, zu überwinden, zu beherrschen, wenn man will und wenn man Gott zu Hilfe ruft. Die Kirche führt auch die Menschen zur Vollendung. Sie verspricht ihnen nicht bloß das Himmelreich, sie führt sie in das Himmelreich. Die Kirche spendet keinen billigen Trost, denn der Trost, den die Kirche spendet, ist gar nicht billig. Das Himmelreich wird nur dem versprochen, der seiner würdig ist. Es wird niemand gekrönt, der nicht gekämpft hat. „Das Himmelreich leidet Gewalt, und nur die Gewalt brauchen, reißen es an sich.“ Die Kirche gibt den Menschen das Himmelreich.
Wenn man also, meine lieben Freunde, sagt: Siehst du nicht die Flecken auf dem Kleid der Kirche?, dann antworte ich: Ich sehe diese Flecken, ich sehe sie mit Betrübnis und mit Schmerz. Aber diese Flecken vermögen nichts an der wahren Gestalt der Kirche zu ändern. Sie schreitet durch die Jahrhunderte als die heilige Kirche, die Segen spendet. die die Gnade vermittelt, die den Glauben an Christus uns schenkt in alle Ewigkeit.
Amen.