Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Die Argumente der Ungläubigen (Teil 14)

25. April 2004

Die bezeugte Wahrheit der christlichen Religion

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Als ich ein Knabe von 13, 14 Jahren war, trat während des Physikunterrichtes der Lehrer, der Physiklehrer, zu mir und sagte: „Junge, lauf nicht den Pfaffen nach! Glaub nicht an den schwarzen Schwindel!“ Das Wort vom Schwindel ist oft wiederholt worden. Wir haben es in der Wehrmacht von Kameraden hören können, in der Fabrik wurde es uns gesagt: Laß mich mit dem Schwindel in Ruhe! Und wenn man einen Enttäuschten und Verbitterten auf die Religion hinwies, dann sagte er: Ich habe genug von dem Schwindel. Es gibt Menschen, enttäuschte, verbitterte, ungläubige Menschen, die die Religion als Schwindel bezeichnen. Der Vorwurf richtet sich auf zwei Gegenstände, einmal auf den Inhalt der Religion und zum anderen auf die Bekenner der Religion. Was den Inhalt der Religion angeht, so ist mit dem Wort vom Schwindel gemeint: Die Religion ist ein Phantasieprodukt, eine Illusion, eine Erfindung von Menschen; ihr entspricht keine Wirklichkeit. Sie ist, wie die Marxisten sagen, ein ideologischer Überbau über den gesellschaftlichen Verhältnissen. Und so kommen die Menschen dazu, die Äußerung zu tun: Das ist alles Schwindel.

Wir haben diesem Vorwurf einiges entgegenzusetzen, meine lieben Freunde. Die Religion, die wir bekennen, stammt nicht von Menschen, sie stammt von Gott. Sie ist nicht von unten gemacht, sondern von oben geschenkt. Die christliche Religion beruht auf Offenbarung. Was wir bekennen, ist vom Vater im Himmel durch seinen Sohn Jesus Christus uns kundgemacht worden. Die Existenz Christi ist kein Schwindel. Wenn die Historiker über andere Gestalten der Geschichte so viel Material hätten, wie wir für Jesus Christus haben, dann wären sie glücklich. Sie haben oft nur dürftige Mitteilungen, und doch nehmen sie die Existenz der geschichtlichen Gestalten an, die durch diese Mitteilungen verbürgt werden.

Es ist kein Schwindel, daß Jesus aufgetreten ist mit einem Anspruch, wie ihn kein Mensch vor ihm und nach ihm erhoben hat. „Ich und der Vater sind eins.“ Es ist kein Schwindel, daß Jesus durch die Fluren von Galiläa und Judäa geschritten ist, Wohltaten spendend. Es ist kein Schwindel, daß er Kranke geheilt und Tote erweckt hat. Es ist kein Schwindel, daß er eine Lehre gebracht hat, wie sie konkurrenzlos ist. Niemals vorher und niemals nachher ist eine solche Sittenlehre den Menschen vermittelt worden, wie sie Jesus gebracht hat. Das ist das Signum der göttlichen Herkunft. Es ist kein Schwindel, daß Jesus gelitten hat und gestorben ist und ins Grab versenkt wurde, daß er aber am dritten Tage vom Vater erweckt wurde und den von Gott vorherbestimmten Zeugen erschienen ist. Geschichtliche Ereignisse beweist man durch Zeugen. Wir haben solche Zeugen, wir haben genügend Zeugen, wir haben wahrhaftige Zeugen, keine verstiegenen Schwärmer, keine irrlichternden Phantasten, sondern gesunde Männer, die bezeugen, was sie gesehen und gehört, was sie erlebt und was sie betastet haben. Es ist kein Schwindel, daß diese Religion seit 2000 Jahren bemüht ist, das Angesicht der Erde zu verändern. Es ist kein Schwindel, daß es viele Menschen gegeben hat, denen diese Religion der Inhalt ihres Lebens geworden ist. In der Kraft dieser Religion haben diese Menschen ihr Leben gestaltet. In der Kraft dieser Religion haben sie Nächstenliebe geübt. In der Kraft dieser Religion sind sie aus Lastern und Sünden aufgestanden und haben ein neues Leben begonnen. Wir haben herrliche Beispiele der Bekehrung, von Magdalena angefangen über Augustinus bis zu Gibson, dem Verfilmer des Leidens Jesu. In der Kraft der Religion haben Menschen ihre Leiden getragen und dem Tode ins Angesicht geschaut. Nicht umsonst hängt in unseren Krankenzimmern das Kreuz, das Kreuz, die Kraft im Leben und die Kraft im Sterben. Das ist auch ein Beweis für die Religion, und das ist kein Schwindel. Unzählige Menschen haben aus dieser Religion Kraft zum Leben und Kraft zum Sterben geschöpft.

Es ist auch kein Schwindel, daß die Welt, daß die Erde ihren heilvollen Verlauf nimmt, wenn die Menschen sich an die heilige Religion halten, und daß die Erde unheilvoll zerstört wird, wenn die Menschen sich von der heiligen Religion trennen. Es ist einer der stärksten Beweise für die Berechtigung, für die Wahrheit der heiligen Religion, daß ihre Mißachtung die Erde zerstört. Alle die, welche Menschen, Familien, Völkern Unrecht getan haben, waren solche, die sich von der heiligen Religion abgewandt haben. Deswegen ist die heilige Religion wahr, weil sie das gedeihvolle Leben der Menschen, der Familien und der Völker gewährleistet. Das ist kein Schwindel.

Der Vorwurf der Feinde hat eine zweite Seite. Er richtet sich gegen das Leben der Anhänger der Religion, und zwar ist dieser zweite Vorwurf geteilt. Sie sagen: Die Bekenner der Religion glauben selbst nicht, was sie bekennen. Und sie sagen: Sie leben nicht, was sie glauben. Der Vorwurf richtet sich also gegen die Übereinstimmung von Bekenntnis und Verkündigung auf der einen Seite und Leben und Wirken auf der anderen Seite. Meine lieben Freunde, die Kirche hat jetzt einen Bestand von 2000 Jahren. Ihr ist das Erbe Christi anvertraut. Sie hat die Offenbarung weiterzutragen, und dieser Aufgabe ist sie nachgekommen wie keine andere Institution auf dieser Erde. Die Kirche hätte es sich leicht machen können, wenn sie die Verkündigung Jesu entschärft hätte, wenn sie es so gemacht hätte wie der Protestantismus und die Orthodoxie: alle die schweren und beschwerlichen Dinge ändern, modeln, beiseite lassen, vor allem natürlich, was die geschlechtliche Sittlichkeit angeht. Da haben die Menschen das größte Bedürfnis, erleichtert zu werden. Aber die Kirche hat von Ehescheidung bis Homosexualität die Wahrheit Christi bis heute festgehalten, und das ist ihr Ruhm.

Es ist nicht wahr, daß wir verkündigen, was wir selbst nicht glauben. Wir sind überzeugt davon, daß das Wahrheit ist, was wir verkündigen und was wir zu leben versuchen. Wir sind davon überzeugt, und wir können auch herrliche Beweise für diese Übereinstimmung vorlegen. Wo haben die Feinde der heiligen Religion einen Mann wie den Pfarrer von Ars, der bis zu 16 Stunden am Tag im Beichtstuhl gewesen ist? Wo haben sie einen? Wo haben sie einen wie Damian Deveuster, der als gesunder flandrischer Bauernsohn auf die Insel der Aussätzigen, nach Molokai, ging und dort bis zu seinem qualvollen Ende ausgehalten hat, um den Aussätzigen das Wort Gottes zu verkünden und die Sakramente zu spenden? Wo haben sie einen wie Maximilian Kolbe, der in den Todesbunker ging, um einen Familienvater davor zu bewahren? Wo haben sie einen? Sie haben gelebt, was sie geglaubt haben.

Selbstverständlich, meine lieben Freunde, bleiben wir immer zurück hinter der Forderung der Gebote. Schwäche, Scheu vor Verzicht, Verführung, Verlockung, das schlechte Beispiel der Umgebung, das alles sind die Ursachen dafür, daß unser Leben hinter der Lehre zurückbleibt. Das bekennen wir mit Schmerz, und dafür gibt es ja die Reue, dafür gibt es ja das Bußsakrament. Wir wissen es, daß wir nicht genügen, daß wir den Anforderungen, die Christus an uns stellt, nicht genügen. Aber wir wissen auch, daß wir uns bemühen, daß wir unermüdlich bestrebt sind, den Forderungen Christi nachzuleben und daß wir nicht die Lehre verantwortlich machen können, wenn unser Leben ihr nicht entspricht. Wer schilt denn die Elektrizitätslehre, wenn durch unvorsichtiges Handeln ein Kurzschluß entsteht? Die Lehre ist heilig und groß, auch wenn unser Leben nicht allerwegs ihr entspricht. Nein, wir glauben, was wir lehren, und wir suchen zu leben, was wir glauben.

Gewiß gibt es Verkündiger, die von der Lehre abweichen. Gewiß gibt es Menschen, die zeitweise ein Doppelleben führen. Aber das hält der Mensch auf die Dauer nicht aus. Der Mensch kann nicht dauernd etwas anderes verkünden als er lebt. Wenn er sich nicht bemüht, nach seiner Lehre zu leben, dann bricht er eines Tages zusammen. Gerade der Zwiespalt zwischen Lehre und Leben ist ein Zeichen dafür, daß die Kirche, ihre Verkündiger und ihre Anhänger bei der Lehre geblieben sind; gerade der Zweispalt bezeugt es. Denn wenn sie die Lehre nach ihrem Leben modeln würden, dann sähe die Lehre ganz anders aus, dann würde der Genießer nicht mehr vom Verzicht predigen, dann würde der Unkeusche nicht mehr zur Enthaltsamkeit aufrufen, dann würde der Geizige nicht mehr die Freigebigkeit preisen. Gerade weil die Lehre untrüglich bleibt und verkündet wird, deswegen kann man den Zwiespalt zwischen Leben und Lehre feststellen. Es ist gerade die Treue zur Lehre, die uns verpflichtet und berechtigt, die ungenügende Übereinstimmung von Lehre und Leben an uns und an anderen zu rügen.

Nein, es ist kein Schwindel, daß die Anhänger und Verkündiger der Lehre Christi sich bemühen, ihr Leben nach der Lehre auszurichten. Es ist kein Schwindel, daß sie überzeugt sind von dem, was sie vertreten. Die Lüge kann der Kirche nicht helfen. Die Kirche kann nur in der Wahrheit Fortschritte machen und nicht in der Lüge. Deswegen verwirft sie die Lüge. Nicht so ihre Feinde. Die Feinde sind bedacht, durch Lügen der heiligen Religion Schaden zuzufügen. Das hat schon begonnen im Leben Jesu. Die Feinde konnten die Wunder, die er wirkte, nicht leugnen; sie haben sie gesehen; sie haben die Geheilten vorgefunden; sie haben mit ihnen gesprochen; sie haben sich die Krankheit bestätigen lassen, von der sie geheilt wurden. Also sie konnten die Wunder Jesu nicht leugnen. Aber sie haben sie verdächtigt: „Durch Beelzebul, den obersten der Teufel, treibt er die Teufel aus.“ Also die Teufelsaustreibungen werden nicht bestritten, sie werden nur auf eine falsche Ursache zurückgeführt. Ähnlich war es im Prozeß Jesu vor Pilatus. Da wurde mit Lügen gegen Jesus gearbeitet. „Er wiegelt das Volk auf. Er verbietet, dem Kaiser Steuern zu zahlen.“ Nur mit politischen Attacken konnten sie Jesus vor den römischen Richter bringen, und da sie Tatsachen, die gegen ihn sprachen, nicht fanden, mußten sie Lügen herbeiholen, um ihn anzuklagen. Und so ist es in 2000 Jahren Kirchengeschichte geblieben. Die Feinde wenden immer zwei Waffen gegen die Kirche an, die Lüge und, wenn sie versagt, die Gewalt. Lüge und Gewalt sind die Waffen, die die Feinde der Kirche gegen die heilige Religion anwenden.

Einer der Hauptgegner hat es einmal ausgesprochen, wie er gegen die Kirche kämpft. Voltaire, der Vater der Aufklärung, der grimmige Hasser der heiligen Religion, hat einmal an einen Freund geschrieben: „Man muß lügen wie ein Teufel, nicht furchtsam, nicht für kurze Zeit, sondern kühn und immer. Lügt, meine Freunde, lügt, ich werde es euch bei Gelegenheit vergelten.“ Daran haben sich die Gegner der Kirche bis heute gehalten. Wir haben es in der Zeit des Dritten Reiches erlebt, wie die Kirche mit Lügen überzogen wurde. Die Älteren von uns wissen noch genau, wie 1936/37, auch teilweise 1938 die Sittlichkeitsprozesse gegen katholische Priester geführt wurden. Sie wurden entfacht von Joseph Goebbels. Er schrieb in sein Tagebuch: „Wir haben ein Höllenkonzert veranstaltet, ein Höllenkonzert gegen den katholischen Klerus.“ Und dieses Höllenkonzert sah so aus, daß man den Klerus oder den größten Teil verdächtigte, schlimme, böse Taten, vor allem auf dem Gebiete der geschlechtlichen Sittlichkeit, verrichtet zu haben. Die deutschen Bischöfe haben die Tatsachen erforscht. Sie haben genau untersucht, welche der Vorwürfe zutrafen und welche nicht. Und da ergab sich das Bild: Von 25.635 Priestern – von 25.635 Priestern – wurden 58 wegen angeblicher Sittlichkeits-vergehen vor Gericht gezogen; 22 wurden verurteilt, 22 von 25.635. Aber die Lüge war wirksam, und kein Jahr des Dritten Reiches hat so viel Kirchenaustritte gehabt wie das Jahr 1937. Man hat die Hirten geschlagen, um die Herde zu zerstreuen.

So ist es immer geblieben, und so ist es bis heute. Mit Lügen wird versucht, die heilige Religion madig zu machen, die Kirche in schiefes Licht zu setzen, die Anhänger der Kirche von dieser Kirche zu lösen, die Verkündiger zu verdächtigen. Wir wissen, meine lieben Freunde, um unsere Schwäche und bekennen sie. Ich will der Kritik, die sich gegen Kirche, Klerus und Klöster richtet, erlauben, wöchentlich einmal das Seziermesser anzusetzen und das Problem der schwachen Menschen in der Kirche bloßzulegen. Dem Roman, dem Theater, dem Film soll das Problem nicht geweigert werden. Aber wenn ein Tag der Kritik offensteht, dann gebt die sechs übrigen Tage, sechs volle Tage, das ist nicht zu viel, der wahrhaftigen Darstellung, der Leistung, dem Bemühen, der Anstrengung der Christen und der Verkündiger des Evangeliums. Wenn ihr den Menschen einmal in der Woche schildert, dann schildert sechsmal den Heiligen, denn über uns steht ein Olymp von Heiligen. Diese Kirche wächst an ihren schwachen Menschen, und ihr zertrümmert sie nicht mit der These, die wir kennen und bekennen, nämlich daß ihre göttliche Seele von menschlicher Gestalt umkleidet ist. So mag der Sturm kommen und über Land und Meer, über Steppe und Stadt stürmen. Er klärt den Horizont, er wirbelt die Dürre von den Bäumen, er stählt den Stamm, der aufwärts wächst. Er ist unser Frühlingswind!

Amen.

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