Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
23. Juni 2024

Vom Missbrauch der Wissenschaft

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Zum Töten eines Menschen braucht es ein durchschlagendes Motiv. Aber das Töten wird leicht, wenn es sich bei dem Wesen, das getötet wird, nicht um einen Menschen handelt. Diesen Zusammenhang haben die Abtreiber, die menschliche Embryonen oder Fötusse töten, begriffen. Sie behaupten einfach, Embryonen und Fötusse seien keine Menschen. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Prof. Zeidler erklärte in einem Vortrag vor Juristen: Die befruchtete Eizelle sei nur ein „himbeerähnliches Gebilde“, und das, was zunächst aus ihr entstünde, sei nichts als „eine wuchernde Substanz der ersten Stunden“. (16.1.1986) Andere treten ihm bei. Sie erklären, der menschliche Embryo sei zu Beginn seiner Entfaltung lediglich eine Art „Qualle“ und in einem späteren Stadium so etwas wie eine „Kaulquappe“ (Sebastian Haffner). Kurz gesagt: Die Befürworter der Abtreibung behaupten, was im Mutterleib vergiftet oder zerstückelt wird, sei ein noch nicht menschliches Entwicklungsstadium. Der Fötus sei noch ein Teil des Frauenkörpers, also kein eigenständiges Wesen.

Wer verhilft ihnen zu dieser Erklärung? Es ist der Jenaer Zoologe Ernst Haeckel (1834-1919). Er begründete die Phylogenetik, die Abstammungslehre, d.h. die Theorie von der Entwicklung der Organismen im Lauf der Erdgeschichte, entwarf Stammbäume des gesamten Organismusbereichs, erfand eine Hypothese über die Entstehung der Lebewesen aus anorganischer Materie (Autogenie) und stellte im Jahre 1896 das sogenannte Biogenetische Grundgesetz auf: Die Entwicklung des Individuums wiederhole die Evolution der Art. Haeckel war der erfolgreichste Darwinist. Er übertrug die Darwinschen Ansichten umfassend auf den Menschen und seine Kultur. Er begründete eine biologistische Ethik der Rasse. Er formulierte als erster den Gedanken der Kontraselektion und propagierte Maßnahmen dagegen, wie die Tötung Geisteskranker. Viele seiner schlimmen Gedanken fanden Aufnahme bei Sozialisten, Rassenhygienikern und Sigmund Freud. Hitler hat sie nachweislich gelesen und sich zu eigen gemacht.

Uns geht es heute allein um das von Haeckel aufgestellte sogenannte Biogenetische Grundgesetz. Danach rekapituliere jedes Lebewesen im embryonalen Stadium die einzelnen Stufen seiner Stammesgeschichte. Die einzelnen Schritte der Entwicklung des Embryos entsprächen den tatsächlichen Ahnen der betreffenden Form. Die Individualentwicklung des Menschen sei eine genaue Wiederholung der Stammesgeschichte (wie Haeckel sie sich vorstellt). „Das organische Individuum wiederholt in seiner individuellen Entwicklung die wichtigsten jener Formveränderungen, welche die Vorfahren während des langsamen und langen Laufes ihrer paläontologischen Entwicklung durchlaufen haben.“

Haeckel, die Darwinisten und die Abtreiber gehen aus von der Stammesgeschichte. Nach ihrer Ansicht wandeln sich alle Organismen in der Generationenfolge durch sukzessive Änderung. Alle Organismen sind im Laufe der Erdgeschichte in direkter Zeugungskette miteinander verbunden. Die Darwinisten stellen einen Stammbaum des Lebendigen auf. Er beginnt mit den Eizellern und führt über die Wirbellosen zu den Wirbeltieren, von den Fischen über die Amphibien und Reptilien bis zu den Vögeln und Säugern. Den bisherigen Abschluss bildet der Mensch. Die Wirbeltiere, auch die Menschen, so sagt Haeckel, haben eine Kiemenanlage, die aber nur bei den Fischen und Amphibienlarven zur Funktion gelangt, bei den höheren Klassen entweder verschwindet oder einem Funktionswechsel unterliegt. So habe auch der Mensch ein Fisch- oder Amphibienstadium durchlaufen, in dem er Kiemenbogen und Kiemen aufweist, die erst später zu Kiefer und Lunge übergehen. Der Säugerembryo sei danach auf jener Stufe, auf der er Schlundtaschen und Kiemenbogengefäße usw. besitzt, in Wirklichkeit kein Säuger, sondern ein Fisch, und sinngemäß gelte diese Auffassung für alle anderen Embryonalstufen. Das Biogenetische Grundgesetz lasse sich auch ablesen an der Wicklung von Zahnanlagen bei Bartenwalen, an der Bildung von Kiemenspalten höherer Landwirbeltiere als Hinweis auf ihre Abstammung von wasserlebenden Tieren, an der knorpeligen Vorbildung der Säugerschädel als Zeichen für ihre Abstammung von Knorpelfischen.

Diese Gedanken Haeckels machen sich die Anhänger und Förderer der Abtreibung zunutze. Sie erklären, die Abtreibung bedeute nicht die Tötung eines Menschen, sondern lediglich die Beseitigung eines Tieres oder doch einer tierhaften Entwicklungsstufe ohne jede menschliche Eigenart. Was hat die ideologiefreie Wissenschaft zu dieser Ansicht zu sagen? Die Grundvoraussetzung des Biogenetischen Grundgesetzes, nämlich die Stammesgeschichte von den Einzellern bis zum Homo sapiens, ist keine bewiesene Tatsache, sondern eine Aufstellung, eine Behauptung, eine Hypothese. Denn zeugungsmäßige Beziehungen zwischen Arten und höheren Gruppen der Vorzeit sind direkt nicht zu beobachten. Die Drei-Stufen-Hypothese von einer Evolution der Menschheit von Anthropus-Formen her (Pithecanthropus) über Neandertaler und neandertaloide Formen zum Homo sapiens ist erschüttert. Diese Formen lebten nicht nacheinander, sondern nebeneinander. Das gleichzeitige Vorhandensein von Australopithecus und Homo Sapiens widerspricht der Evolution. Schon von daher steht Haeckels Biogenetisches Grundgesetz auf tönernen Füßen. Sodann gilt: Selbst wenn man die hypothetische Stammesgeschichte für möglich oder denkbar hält, gibt das Biogenetische Grundgesetz keine Kenntnis über die Stammesgeschichte; es ist keine kurze Wiederholung der Stammesgeschichte. Es ist keine abgekürzte, beschleunigte Wiederholung der mutmaßlichen Stammesgeschichte; es ist ein Pseudogesetz. Es ist einer der größten und folgenschwersten Irrtümer in der Geschichte der Biologie. Die Gültigkeit des Biogenetischen Grundgesetzes ist durch die exakten Arbeiten des Göttinger Embryologen Erich Blechschmidt endgültig widerlegt worden (Anatomie und Ontogenese des Menschen, Heidelberg 1978). Was Haeckel mit diesem angeblichen Gesetz vorlegte, sind freche Behauptungen aus ideologischer Befangenheit und böser Absicht.

Die Einzelentwicklung eines Menschen beginnt niemals mit dem einzelligen Urorganismus, sondern mit der artgemäßen Eizelle, die bei den Säugetieren etwas wesentlich anderes ist als etwa bei den Fischen; denn die Keimzellen sind bereits der einzellige Formzustand der betreffenden Art. Niemals wird aus einer Embryonalzelle eines Hundes etwas anderes als immer ein Hund. Trotzdem bringt man dem Volk den Irrtum bei, dass der Mensch zuerst eine Amöbe, dann ein Fisch, dann ein Reptil gewesen sei. Die Entwicklung des Embryos zeigt lediglich den einheitlichen Zug, der durch den ganzen Aufbau der Natur geht. Sie zeigt Ähnlichkeiten, aber nicht Verwandtschaft durch Abstammung. Es ist vielmehr so, dass zuerst die allgemeinen Merkmale da sind und nach und nach die speziellen erscheinen. Der Familiencharakter ist früher als der Gattungscharakter und dieser früher als der Artcharakter. Die anatomischen Befunde werden von den Haeckelanhängern auf den Kopf gestellt. Man verweist auf die angeblichen Kiemenbögen des menschlichen Embryos, die das Durchlaufen eines „Fisch-Stadiums“ charakterisieren sollen. In Wirklichkeit stellen sie nichts anderes dar als gewöhnliche Beugefalten. Sie entstehen unumgänglich zwischen dem Kopf und dem Rumpf in der dazwischenliegenden Halsregion. Mit Kiemen haben sie nicht das mindeste zu tun. Ebenso steht es mit dem vermeintlichen Säugetierschwanz. Das leere Hautzipfelchen am Ende des Rückens ist mitnichten einem Tierschwanz vergleichbar. Es fehlt ihm dazu das Wesentliche: die knöcherne Wirbelsäulen-Stütze. Zusammenfassend ist zu sagen: Ein im Mutterleib heranreifender Embryo oder Fötus wird zum Noch-nicht-Menschen erklärt, gegen alle erkannten biologischen Fakten, aus unwissenschaftlichen, rein ideologischen Beweggründen und dadurch durch keine Tötungshemmung geschützt. Dabei wird die Biologie missbraucht. Das Unerforschliche, wie Goethe es nannte, macht diese Wissenschaft für weniger erhabene Geister ideologieoffen, so dass sie dadurch zu des Materialismus liebsten Kind werden konnte.

1. Schon die befruchtete menschliche Eizelle kann nicht mit einem Einzeller verglichen oder gar identifiziert werden, wie er nach der Vorstellung der Evolutionstheorie existierte. Im Gegensatz zu einem solchen einzelligen Lebewesen enthält der Kern der menschlichen Eizelle das gesamte Genom, also die Erbsubstanz eines Menschen. Sie besitzt weder Einzeller- noch Fisch- oder Quallen-Chromosomen.

2. Der Kern der menschlichen Eizelle besitzt ein so langes DNS-Makromolekül, das so lang ist wie die entsprechenden DNS-Stränge in jeder Körperzelle eines Erwachsenen. Von Anbeginn der Embryonalentwicklung beeinflusst ein spezifisches Menschengenom den gesamten Prozess. Von irgendeiner Wiederholung stammesgeschichtlich älterer Entwicklungsformen kann keine Rede sein.

3. Zahlreiche Differenzierungen erscheinen während der Ontogenese (der Keimentwicklung) gerade in umgekehrter Reihenfolge ihres Auftretens im Verlauf der Phylogenese. Stammesgeschichtlich werden echte Zähne sehr viel früher (Haie) ausgebildet als Zungen (Amphibien). Dagegen verfügt das neugeborene Menschenkind zwar über eine erstaunlich bewegliche, für seine Nahrungsaufnahme unerlässliche Zunge; seine Zähne jedoch brechen erst zu einem erheblich späteren Zeitpunkt durch. Auch echte Herzen wurden während der Phylogenese (Stammesgeschichte) erst lange nach der Bildung geschlossener Blutgefäßsysteme entwickelt. Dagegen legt der noch nicht einmal zwei Millimeter große menschliche Embryo zuerst das Herz an. Bereits in der dritten Woche nach der Befruchtung der Eizelle beginnt es zu schlagen, und zwar bald schon als typisches Menschenherz mit Vorhöfen und Kammern. Das periphere Blutgefäßsystem hingegen entwickelt sich erst anschließend mit fortschreitender Differenzierung des Keimlings.

4. Eine vermeintliche Hauptstütze des „Biogenetischen Grundgesetzes“ stellen die sogenannten rudimentären Organe, wie z.B. unser Blinddarmwurmfortsatz, dar. Man deutete sie als funktionslos gewordene Überbleibsel einstmals funktionsfähiger Organe (bei angeblich stammesgeschichtlichen Vorfahren) und damit als sichtbare Beweise für das Durchlaufen entsprechender Entwicklungsstufen. Tatsächlich gibt es keine atavistischen Organe, die als überflüssig gewordene Reste aus phylogenetisch älteren Perioden aufgefasst werden dürften. Auch der so häufig zitierte Blinddarmwurmfortsatz ist ein durchaus funktionsfähiges lymphatisches Organ. Es hat sich noch nicht genügend herumgesprochen, dass das Biogenetische Grundgesetz Haeckels falsch, ein Pseudogesetz ist. Man weigert sich, es fallen zu lassen, weil es einen Scheingrund für die Tötung kleiner Kinder im Leib der Mutter bietet. Die politische Klasse unseres Landes hintertreibt systematisch einen wirklichen Schutz des ungeborenen Lebens. Nur eine einzige Institution auf der ganzen Erde hält am Willen Gottes über der Schwangerschaft der Frau fest. Dieser Wille lautet: Mit der Empfängnis liegt ein beseeltes Individuum und damit eine Person vor, womit der Schwangerschaftsabbruch dem Tötungsverbot unterliegt.

Abtreibungen sind vermutlich so alt wie die Menschheit. Die Menschen, denen selbst erzeugte Nachkommen unwillkommen waren, haben immer Mittel und Wege gefunden, sie zu beseitigen. Die Indikationen, d.h. die Begründungen für die Tötung des Nachwuchses, haben zugenommen und gewechselt. Heute sind hauptsächlich der Kampf ums Dasein, die Behauptung gegen Männer und unverheiratete Frauen und die Selbstverwirklichung angeblich durchschlagende Gründe, um sich der Last der Mutterschaft und des Gebärens zu entziehen. Alle zwei Minuten, und dies ununterbrochen Tag und Nacht, wird in der Bundesrepublik Deutschland ein Menschenkind getötet, mehr als 200000 im Jahr. Achtzig Prozent dieser wehrlosen Kinder werden, ausgerechnet in einem der reichsten Industrieländer der Erde, aus sogenannter sozialer Indikation umgebracht. Der Staat trägt bei über 90 Prozent der Abtreibungen die anfallenden Kosten. In Mainz führen vier Ärztinnen und Ärzte Schwangerschaftsabbrüche durch. Einmal wöchentlich, 10-13 pro Schicht. Wie lange noch wird Gott zuschauen?

Amen.

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