Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
19. Mai 2002

„Löschet den Geist nicht aus!“

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, in heiliger Pfingstfreude Versammelte!

Das Meinungsforschungsinstitut Emnid hat vor Pfingsten  eine Umfrage gestartet, um zu erfahren, was die Menschen von Pfingsten wissen. Das Ergebnis war erschütternd: Nur 39 Prozent der Deutschen wissen noch, was Pfingsten bedeutet. Dabei ist es regional verschieden; in Bayern sind es immerhin 49 Prozent, in Berlin sind es 4 Prozent. Nur jeder 25. Berliner weiß, was Pfingsten bedeutet. Das ist die Stadt, von der aus wir regiert werden! Das ist der Ort, wo Regierung und Parlament ihren Sitz haben! – Pfingsten hat seine Bedeutung. Wir wollen heute drei Fragen stellen:

1. Was geschah an Pfingsten?

2. Was bedeutet Pfingsten für uns?

3. Was verlangt Pfingsten von uns?

Die erste Frage lautet: Was geschah an Pfingsten? Es geschah etwas! Pfingsten ist keine Illusion, keine Idee, kein Hirngespinst. Pfingsten ist eine Tatsache. Am 50. Tage nach der Auferstehung des Herrn kam der Heilige Geist in sichtbarer und hörbarer Weise auf den Jüngerkreis herab. An Pfingsten trat die junge Kirche an die Öffentlichkeit. An Pfingsten wurden zahlreiche Männer und Frauen in die Kirche aufgenommen. Der Herr hatte gesagt, daß er hingehen müsse, damit der Heilige Geist kommen könne. „Es ist gut für euch, daß ich hingehe, denn wenn ich hingehe, werde ich ihn euch senden.“ Wie ist das zu verstehen? Warum konnte der Heilige Geist nicht kommen, als Jesus noch auf Erden weilte? Weil er damals der Tröster war. Nach seinem Weggang mußte er einen anderen Tröster senden, und das ist der Heilige Geist. In Kreuz und Auferstehung wird der Herr verklärt, und aus dem verklärten Leibe des Herrn strömt der Heilige Geist heraus. Deswegen ist die Sendung des Geistes an den Hingang, an den Heimgang des Herrn gebunden.

Der Heilige Geist war dem jüdischen Volk nicht unbekannt. Auch die Propheten waren vom Geist belehrt und geführt. Auch ihre Könige konnten am Heiligen Geist teilhaben. Aber jetzt, in der messianischen Heilszeit, ist die Verheißung des Propheten Joël in Erfüllung gegangen, nämlich daß der Geist über alles Fleisch ausgegossen wird, daß keiner ausgenommen ist, daß der Geist nicht nur eine Vorzugsgabe für Propheten und Könige ist, sondern daß er das gemeinsame Gut aller derer ist, die sich zu ihm bekennen und die sich für ihn öffnen.

Was geschah am ersten Pfingsttage? Die Apostel wurden vom Heiligen Geiste erfüllt, und sie, die zaghaften Männer, die sich verkrochen vor den Juden, die Angst hatten, sie traten vor die Öffentlichkeit und kündeten mit Freimut das Wort vom Reiche Gottes. „Dieser Jesus, den ihr ans Kreuz geschlagen habt, dieser Jesus ist vom Vater im Himmel auferweckt worden, und wir haben ihn gesehen, und wir haben mit ihm gesprochen, und wir haben mit ihm gegessen. Und er hat nun seinen Heiligen Geist gesandt, damit wir Zeugen dafür seien bis an die Grenzen der Erde.“ So haben die Apostel am Pfingsttage empfunden, und so hat Petrus gepredigt.

Was geschah am Pfingsttage? Am Pfingsttage nahm die Geisterfülltheit der Kirche ihren Anfang. Seitdem ist die Kirche das Geschöpf des Geistes. „Wo der Geist ist, da ist auch die Kirche, und wo die Kirche ist, da ist auch der Geist und alle Gnade“, sagt der heilige Cyprian von Karthago. Die Kirche ist das Geschöpf des Geistes.

Was bedeutet Pfingsten für uns? Wir sind dank der Geistausgießung an Pfingsten Geisterfüllte. Wir pflegen den katholischen Priester als Geistlichen zu bezeichnen, und das ist nicht falsch. Er ist ein Geistlicher; er hat den Geist in einer besonderen Weise empfangen, nämlich als Gabe zum Dienst. Aber geisterfüllt und geistlich ist ein jeder Christ, denn wir sind alle wiedergeboren aus dem Wasser und dem Heiligen Geiste, also müssen wir auch Geisterfüllte sein. „Gott hat euch von Anfang an durch die vom Geist bewirkte Heiligung und durch den Glauben an die Wahrheit zum Heile erwählt“, so schreibt der Apostel Paulus im zweiten Thessalonicherbrief. Gott hat euch von Anfang an durch die vom Geist bewirkte Heiligung und durch den Glauben an die Wahrheit zum Heile erwählt. An Pfingsten erinnern wir uns daran, daß wir Geistträger sind. An Pfingsten wird uns bewußt, daß der Heilige Geist in uns lebt, und daß wir den Geist hüten müssen, daß wir den Geist nicht betrüben dürfen. Der Apostel Paulus mahnt: „Löschet den Geist nicht aus!“ Das ist die Mahnung von Pfingsten. Löschet den Geist nicht aus, indem ihr euch der Welt angleicht! Denn das ist ja eben das unterscheidende Merkmal des Christen von den Weltmenschen, daß er den Geist in sich trägt und daß er deswegen Distanz hält von der Welt, von der Welt, die im argen liegt, von der Welt, deren Fürst – wie der Herr uns sagt – der Satan ist. Dieser Welt darf man sich nicht angleichen, und der Geist soll das verhüten, daß wir uns dieser Welt angleichen.

Was bedeutet Pfingsten für uns? Es bedeutet, daß wir getröstet sind. Der Geist heißt nicht umsonst der Tröster. Er vermag zu trösten. Auch Christen können niedergeschlagen sein, können betrübt sein, können leiden, können schwere Leiden tragen. Sie leiden in ihrem persönlichen Bereich, sie leiden im familiären Bereich, sie leiden im gesellschaftlichen Bereich. Sie leiden auch an der Erkrankung ihrer Kirche. Aber der Geist vermag zu trösten. Er erklärt uns, daß die Wahrheit in der Kirche bleiben wird, denn er ist der Geist der Wahrheit. Er läßt nicht zu, daß diese Wahrheit überall verdunkelt wird, hie und da bestimmt, an vielen Stellen vielleicht, aber daß die Wahrheit untergeht, das läßt der Geist nicht zu. Diese Kirche wird, solange sie besteht, Trägerin der Wahrheit sein. Und mögen die Menschen in ihr noch so schwach sein, mögen sie noch so sehr versagen, der Geist wird nicht dulden, daß die Wahrheit in der Kirche verschwindet. Der Geist läßt auch nicht zu, daß die Sakramente leer sind. Es sind nicht bloß Zeichen, wie heute vielfach der Sprachgebrauch ist. Gewiß, es sind auch Zeichen, sie zeigen auf etwas hin, aber es sind wirklichkeitserfüllte Zeichen. Es sind Zeichen, die das bewirken, was sie anzeigen. Die Hostie ist nicht leer, sondern sie ist gefüllt mit unserem Herrn und Heiland, auch wenn da ein Pfarrer in Frankfurt sagt: „Hast du schon einmal Jesus in der Hostie sitzen sehen?“ Das ist eine Blasphemie! Christus ist wahrhaft, wirklich und wesentlich gegenwärtig, und das bewirkt der Geist; denn der Geist wirkt in den Worten des Priesters, die über diese Gestalten gesprochen werden: „Das ist mein Leib. Das ist mein Blut.“ Diese Worte sind ohnmächtig, wenn nicht der Geist sie füllt. Dadurch werden sie allmächtig. Der Geist läßt nicht zu, daß die Sakramente in der Kirche verschwinden. Er läßt auch nicht zu, daß das Bußsakrament verschwindet. Er wird dafür sorgen, daß diese Flaute, in die wir seit Jahrzehnten hineingeraten sind, eines Tages vorübergeht, daß die Menschen erkennen, welches Pfand wir in die Hände bekommen haben, als Jesus zu seinen Aposteln sprach: „Empfanget Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden nachlassen werdet, denen sind sie nachgelassen, und welchen ihr sie behalten werdet, denen sind sie behalten.“ Eines Tages werden die Menschen durch den Geist erkennen, daß sie Sünder sind und daß sie die Erlösung benötigen und daß sie diese finden im Bußsakrament. Eines Tages wird das wieder in ihnen auftauchen.

Was bedeutet Pfingsten für uns? Es bedeutet, daß wir uns trösten lassen vom Heiligen Geist. In all unserer Verzagtheit, in unserer Müdigkeit, in unserem Erschrecken tröstet uns der Geist, weil er uns verheißt, er bleibt bei uns. Er ist nicht gekommen, um zu gehen; er ist gekommen, um zu bleiben, und er erreicht uns. Wir sind und bleiben Geistträger, und das ist ein Trost in dieser Welt der Trostlosigkeit.

Was verlangt Pfingsten von uns? Gott gibt den Geist nicht umsonst. Er gibt ihn nicht nur als totes Pfand, er gibt ihn als Kraft zum Leben, zum Zeugnis. Ja, das ist es, was der Geist von uns erwartet, daß wir Zeugnis von ihm ablegen, daß wir bezeugen, was wir von Christus empfangen haben, daß wir bezeugen, was uns in der Taufe und in der Firmung geschenkt worden ist, daß wir bezeugen, was wir an Wahrheit empfangen haben. Das ist ja eben der Unterschied, daß wir das nicht mitmachen, was uns die Weltmenschen vormachen, nämlich homosexuelle Lebensgemeinschaften, Klonen – Klonen! – Herstellung von Doubletten von Menschen! Embryos als Reparaturwerksatt herstellen! Das sind alles verzweifelte Bemühungen, dem Heiligen Geist und seiner Wahrheit zu entfliehen. Da verlangt der Geist von uns, daß wir dagegen aufstehen und Zeugnis ablegen. Gelegen oder ungelegen, wir haben eine Botschaft empfangen, die dürfen wir nicht verschließen und vergraben, die müssen wir hinaustragen zu den Menschen und müssen sie ihnen vortragen, damit sie überzeugt werden, daß der Geist die Welt regiert und nicht das Geschäft.

Was verlangt Pfingsten von uns? Daß wir als Geisterfüllte in der Welt bestehen und die Welt verwandeln. Wir sind eine Minderheit. In Deutschland sind die echten Christen eine kleine Minderheit. Aber die Minderheiten sind stark, wenn sie geschlossen sind. Die Minderheiten sind mächtig, wenn sie sich vom Geiste treiben lassen. Das sind die Kinder Gottes, die sich vom Geiste treiben lassen. Wenn der Geist in uns wirkt, dann werden wir mächtig.

Eine verzagte christliche Frau schrieb dieser Tage in einem Leserbrief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Wer heute in der Öffentlichkeit von Gott spricht, erntet peinliches Schweigen oder mitleidiges Lächeln über so viel Rückständigkeit. Wer aber heute mit perfidem Hohn und Spott über Gott und Religion herfällt, gewinnt breite Zustimmung und lauten Jubel. Muslimische Kinder und Jugendliche messen Gott in ihrem Leben einen hohen Stellenwert zu. Wie ist das zu erklären? Muslimische Kinder sehen ihre Väter beim Freitagsgebet in der Moschee. Sie erhalten zusätzlich zum Schulunterricht Koranunterricht. Sie hören und wissen, daß ein muslimischer Metzger bis zum Bundesverfassungsgericht geht, um das Recht auf rituelles Schächten von Tieren durchzusetzen. Und er bekommt Recht. Dasselbe Bundesverfassungsgericht hat auf Klage eines einzigen anthroposophischen Elternpaares das unsägliche Kruzifixurteil gefällt, das den bayerischen Schulen verbietet, Kreuze, Zeichen des Christentums, in den Schulräumen aufzuhängen. Dasselbe Gericht hat kürzlich dieses Urteil noch einmal bekräftigt, als ein atheistischer Lehrer Klage erhob, es sei ihm nicht zuzumuten, in einem Klassenzimmer, in dem ein Kreuz hängt, zu unterrichten.“ So ist die Lage, auf die wir Christen als Zeugen des Geistes treffen. Aber wenn wir uns nicht unterkriegen lassen, wenn wir uns nicht stumm machen lassen, wenn wir das Zeugnis ausrichten ohne Rücksicht auf unser persönliches Ergehen, dann kann es geschehen, daß die Macht des Geistes sich auch in anderen durchsetzt; dann kann es geschehen, daß der Geist sich als weltüberwindende Macht bezeugt.

Der heilige Pfarrer von Ars, Joahnnes Vianney, hat einmal an Pfingsten über den Heiligen Geist gepredigt, und er sagte folgendes: „Wenn man die Verdammten in der Hölle fragen würde: Warum seid ihr in der Hölle?, dann würden sie antworten: Weil wir dem Heiligen Geist widerstanden haben. Wenn man die Seligen des Himmels fragen würde: Warum seid ihr im Himmel?, dann würden sie antworten: Weil wir auf den Heiligen Geist gehört haben.“ So ist es, meine lieben Freunde. Wenn wir auf den Heiligen Geist hören, wenn wir uns vom Geiste treiben lassen, wenn wir die Kraft, die er uns gibt, benutzen, um Zeugnis abzulegen, dann werden wir zu der Schar der Seligen gehören, die im Himmel Gott preisen, ob seines Heiligen Geistes, die eine ganze Ewigkeit den dreifaltigen Gott anbeten, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist.

Amen.

 

Schrift
Seitenanzeige für große Bildschirme
Anzeige: Vereinfacht / Klein
Schrift: Kleiner / Größer
Druckversion dieser Predigt