Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
24. Januar 2016

Der Christ und die Medien

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Im Frühjahr 1933 hielt der Reichskanzler Adolf Hitler eine große Rede in Stuttgart. Sie wurde von dem Saal, in dem er sprach, mit einem Kabel in andere Säle der Stadt übertragen. Aber ein Gegner des Regimes nahm ein Beil und zerschlug das Kabel. Die Stimme des Führers verstummte. Er bekam einen Tobsuchtsanfall, setzte den Polizeipräsidenten ab und bestrafte alle, die irgendwie daran beteiligt waren, das Kabel zu zerstören. Meine lieben Freunde, wir können uns gegen das, was an uns herankommt an Nachrichten, Informationen, Kommentaren, wir können uns nicht mit dem Kabel und dem Beil dagegen wehren. Aber wir besitzen die Möglichkeit zu unterscheiden, wir denken nicht daran, mit dem Beil uns vor unliebsamen Nachrichten zu schützen. Wir wissen, dass die Errungenschaften der Presse, des Buches, des Rundfunks, des Fernsehens, des Internets große Leistungen des menschlichen Geistes sind, und wir sind dankbar dafür, aber Sie wissen, der Mensch ist fähig, alles zu missbrauchen: die Gesundheit, um übermütig zu werden, die Krankheit, um zu verzweifeln, den Reichtum, um üppig zu leben, die Armut, um zu verzweifeln. Der Mensch ist immer in Gefahr, alle Gaben und Errungenschaften zu missbrauchen.

Wie sollen wir uns verhalten gegenüber dem Rundfunk? Wir dürfen uns nicht alles zuführen, was über die Wellen ausgestrahlt wird, denn es könnte uns schaden, es könnte uns verderben, es könnte uns innerlich zersetzen; wie müssen also auswählen. Wir müssen uns nach Möglichkeit vorher unterrichten, was uns bei einer Sendung erwartet. Wir müssen uns fragen, ob wir uns das zumuten können und ob wir es anderen, unseren Kindern zum Beispiel, zumuten können. Und wenn wir eine Sendung geschaut haben, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder dass wir uns dann darüber entrüsten, weil eben Christentumsfeindliches, Unsittliches, Gehässiges ausgestrahlt wurde, oder dass wir loben, weil Gutes, Wertvolles, Interessantes uns zu Ohren kam. In dem einen Falle sollten wir uns nicht dabei beruhigen, dass wir schimpfen, sondern wir sollten den Sender anschreiben, wir sollten protestieren, wir sollten uns beklagen. Bei den guten Sendungen sollten wir uns bedanken, loben. Die Medienleute sind darauf angewiesen, wenn sie Gutes ausstrahlen, dass sie auch Echo finden. Sie müssen sich ja gegenüber ihren Beauftragern verantworten. Es ist also uns aufgegeben, Stellung zu nehmen zu dem, was uns vom Rundfunk entgegenströmt. Das gleiche gilt für das Fernsehen: die Vorschau beachten. Wir können schon ungefähr am Titel oder an den Personen erkennen, was uns erwartet. Ein guter Baum bringt gute Früchte, ein schlechter Baum bringt schlechte Früchte. Bei verletzenden und zersetzenden Sendungen gilt dasselbe wie beim Rundfunk: abschalten und schreiben. Die Medienleute gehen davon aus, dass hinter einer Person, die protestiert, 6000 andere stehen, die der gleichen Gesinnung sind. Wir haben also einen Vervielfältigungseffekt bei unseren Äußerungen. Und wie beim Rundfunk nicht vergessen, zuträgliche, gediegene Beiträge zu loben und sich dafür bedanken. Diese kleine Mühe sollten wir auf uns nehmen. Wir müssen unseren Einfluss auf die Massenmedien ausüben und verstärken, soweit wir es nur können.

Und wie steht es mit der Presse? Wir haben ja keine Auswahl mehr. In Mainz gibt es für hunderttausende Menschen nur eine einzige Zeitung. Wer überhaupt unterrichtet sein will, muss diese Zeitung abonnieren. Ich liebe sie nicht und habe meine Gründe dafür, aber was sollen wir machen? Wir müssen ja unterrichtet sein. Es gibt viele notwendige Dinge, die wir nur durch die Zeitung erfahren. Eine katholische Zeitung, eine große, auflagenstarke katholische Zeitung gibt es nicht – in ganz Deutschland nicht. Die einzige wirklich katholische Zeitung ist „Die Tagespost“. Sie hat etwa zehntausend Abonnenten bei 20-25 Millionen Katholiken. In Budenheim sind 2 Personen Abonnenten dieser Zeitung. Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, „Die Tagespost“ zu abonnieren. Diese Zeitung erscheint mir katholischer als manche Bischöfe. „DER SPIEGEL“ verspottet sie als Katholikenblättchen, ja, sie ist ein Blatt der Katholiken. Sie steht hundertprozentig zur Lehre der Kirche, zur Ordnung der Kirche. Die katholische Publizistik ist in den letzten Jahrzehnten immer mehr zurückgegangen. Die Stimme des Katholizismus ist in Deutschland in der Presse fast nicht mehr vernehmbar. Der „Rheinische Merkur“ war einmal das Flaggschiff der katholischen Publizistik. Er hatte 1980 hunderttausend Abonnenten, 2010 waren achtunddreißigtausend übriggeblieben. Die deutschen Bischöfe leisteten „Sterbehilfe durch Geldentzug“, wie „DER SPIEGEL“ spottete. In den 70er Jahren erschien die „Neue Bildpost“ in eine Auflage von dreihunderttausend; heute sind zehntausend übriggeblieben. Wie ist das zu erklären, dieses Ausrinnen katholischer Presseorgane? Es ist die Folge der Auslaugung des Glaubensbewusstsein der katholischen Bevölkerung. Wer nicht mehr vom Glauben überzeugt ist, der sieht nicht ein, weshalb er ihn bewahren und schützen soll, bewahren und schützen auch durch das Abonnement einer katholischen Zeitung. Die meisten Menschen kaufen die knallig aufgemachte, mit Sensationen oder Enthüllungen aufwartende Regenbogenpresse, und merkwürdigerweise und ganz typisch für die nachkonziliare Zeit: Es gibt zwei liberale protestantisierende sog. katholische Organe, die ihre Auflagenhöhe gehalten haben, nämlich „CHRIST IN DER GEGENWART“ und „Publik-Forum“. Warum? Der typische nachkonziliare Katholik übt Kritik an seiner Kirche, er verteidigt sie nicht, und diese beiden Organe üben Kritik an der Kirche. Begeistert sind sie vom Dalai Lama, aber nicht von unseren Heiligen. Gegenüber dem Protestantismus sind sie liebesdienerisch, aber gegen die eigene Kirche kritisch. Eine auflagenstarke, bundesweite katholische Tageszeitung ist ein dringendes Bedürfnis. Aber da ist zu fragen: Ist der deutsche Katholizismus dazu noch fähig angesichts der Uneinigkeit unter den Bischöfen? Angesichts der Tatsache, dass nicht mehr alle Oberhirten fraglos hinter der Lehre der Kirche stehen? Wie soll in einer Zeit, in der sich ganze Bischofskonferenzen gegen die verbindliche Lehre der Kirche auflehnen, eine Einheit der Katholiken zustande kommen, um eine eindeutig katholische Zeitung ins Leben zu rufen? Die deutschen Bischöfe haben in Sachen Journalismus keine glückliche Hand. Nach dem Konzil starteten sie mit bereitgestellten 30 Millionen D-Mark eine Wochenzeitung mit dem Titel „Publik“. Sie sollte ein Gesprächs- und Informationsorgan sein. Die Redakteure waren Progressisten und Modernisten mit einem Konservativen als Feigenblatt. Die Zeitung kaprizierte sich auf Kritik an der Kirche und katholischen Einrichtungen. Der Zuspruch der Bevölkerung war gering. Die Herausgeber sprachen von Anlaufschwierigkeiten, da pumpten die Bischöfe noch einmal 30 Millionen D-Mark in dieses Organ. Es kam zu keinem Erfolg, die Zeitung musste eingestellt werden. Die Bischöfe hatten sich verrechnet. Die der Kirche distanziert gegenüberstehenden Katholiken brauchten nicht eine von den Bischöfen finanzierte Zeitung, um an Kirchenkritik zu kommen, dafür hielten sie sich an den „SPIEGEL“ und an den „Stern“. Die kirchlich eingestellten Katholiken dachten nicht daran, eine Zeitung zu abonnieren, die die Kirche schlecht macht, die Kirche, die sie liebten. So fehlten dem Blatt „Publik“ die Leser und die Abonnenten. Die deutschen Bischöfe unterhalten in München ein Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses. Ein geistlicher Leiter dieses Institutes polemisierte gegen Papst Benedictus; er musste zurücktreten. Politisch sympathisieren die mit Kirchensteuermitteln ausgebildeten Journalisten am häufigsten mit den „Grünen“. Nur 14% der dort Ausgebildeten bezeichnen sich als gläubige Katholiken, 63% stehen der Kirche kritisch gegenüber. Lohnen sich die Millionen, die die Bischöfe in dieses Institut hineinstecken? Ich frage noch einmal: Wie soll eine Bevölkerung eine katholische Zeitung hervorbringen, in der nicht eindeutig feststeht und von allen bejaht wird, was katholisch ist? Wo keine Einigkeit im Glauben ist, kann es auch keine Einigung und keine Einheit im Handeln geben. Es muss die Gesinnung sich wandeln, dann kann man darangehen, Einrichtungen zu schaffen. Bevor nicht die deutschen Bischöfe zur vollkommenen Einheit im katholischen Glauben gelangen, bevor sie nicht dem Klerus und dem Volk unmissverständlich diesen Glauben vorleben, bevor sie nicht Theologen, die im Widerspruch zu diesem Glauben lehren, von ihren Posten entfernen, besteht keine Aussicht auf das Erscheinen einer großen, überregionalen katholischen Zeitung.

Nun gibt es ja die Kirchenzeitungen; früher nannte man sie die Sonntagsblätter. Hier ist die Kirche frei und unabhängig, hier kann sie ihre Lehre ganz ungehindert vorlegen und verteidigen. Aber die Kirchenzeitungen befinden sich ebenfalls im Sinkflug. Sie hatten 1963 eine Auflage von 2,4 Millionen, davon sind übriggeblieben 500.000. Jeder zweite Leser ist über 70 Jahre alt. Wie erklärt sich dieser Rückgang? Nun, ebenfalls aus der Erosion katholischen Bewusstseins bei den meisten von denen, die das Sakrament der Taufe empfangen haben. Aber auch aus der ungenügenden kirchlichen Haltung der Kirchenzeitungen. Eine Kirchenzeitung – das erwartet man – muss ganz und gar kirchlich sein. Sie muss die Lehre und die Ordnung der Kirche ganz und ohne Abstriche bejahen und vertreten. Das tun viele Kirchenzeitungen nicht. Die klare, eindeutige, kompromisslose katholische Haltung fehlt bei vielen Kirchenzeitungen. Entweder sie drücken sich um Wahrheiten und Lehren, die viele lästig empfinden, oder sie schwächen sie ab bis zur Unkenntlichkeit und Unverbindlichkeit oder sie kritisieren sie offen. Ebenso fehlt die Absetzung von katholischen Verbänden, die es nicht mehr sind, und von unkatholischen Verbänden und Ansichten. Wir Christen wissen um das Gebot der Nächstenliebe und wir versuchen es mit allen Kräften zu beobachten, auch den Menschen gegenüber, die uns fremd sind, auch den Muslimen gegenüber, auch den Atheisten gegenüber. Aber wir wehren uns gegen Interkonfessionalismus und Religionsmengerei. Die katholische Wahrheit verträgt weder Anbiederung an fremde Religionen noch Unterschlagung katholischer Wahrheiten. Die meisten Kirchenzeitungen sind nicht mehr von der ersten bis zur letzten Seite eindeutig katholisch. Sie nörgeln an katholischen Lehren und Einrichtungen, üben Kritik an der eigenen Kirche; die Verteidigung dieser Kirche fällt aus. Sehen Sie sich einmal die Leserbriefseite dieser Kirchenzeitungen an. Von einer Kirchenzeitung wird erwartet, dass sie Briefe veröffentlichen, die Glauben und Ordnung der Kirche stützen. Aber die Praxis ist anders. Es finden sich dort Briefe von Lesern, die frontal gegen Lehre und Ordnung der Kirche angehen. Neben einem Leserbrief, der die Kirche in Schutz nimmt, steht ein anderer, der sie attackiert. Was gilt nun? Haben wir in der Kirche gegensätzliche Meinungen oder haben wir eine verbindliche Lehre? Die Kirchenzeitung darf kein Markt sein, wo jeder feilbietet, was ihm einfällt, sie muss ein zweiter Ambo sein, wo die Schätze der Kirche dargeboten und verteidigt werden. Für die Kritik an der Kirche haben wir den „SPIEGEL“ und den „Stern“.

Meinen Sie nicht, meine lieben Freunde, es komme nicht darauf an, was die Gläubigen in der Zeitung lesen, im Rundfunk hören oder im Fernsehen schauen oder durchs Internet sich zu Gemüte führen. Von allen Medien gehen Einwirkungen aus, Einwirkungen, die das gläubige Bewusstsein des katholischen Christen entweder stärken oder schwächen. Dass die meisten heutigen Katholiken verbildet sind, im Glauben schwach sind, ist zum großen Teil den Einwirkungen der Medien zuzuschreiben. Die Medien liefern die Leitbilder für die heutigen Menschen. Sie propagieren eine bestimmte Weltanschauung, sie sind Trendsetter, sie machen Politik, sie üben Macht aus. Die Redaktionstuben sind überproportional mit kirchendistanzierten Personen besetzt. Ihr Weltbild und ihr Lebensstil, das ist es, was sie unter die Leute zu bringen versuchen. Entertainer, Sportler, Schauspieler werden hochstilisiert, wenn ihr Lebensstil dem Weltbild der Redaktionsstuben entspricht. Vor einiger Zeit feierte Udo Jürgens seinen 80gsten Geburtstag. Ganze Seiten in auflagenstarken Zeitungen wurden ihm gewidmet; das Fernsehen stellte seine beste Sendezeit zur Verfügung, um diesen Herrn zu feiern. Und was ist das für einer? Für ihn ist „die Ehe erledigt“, wie er sagt, erledigt; er hat vier Kinder von drei Frauen. „Treue“ sagt er, „ist keine Frage des Charakters, sondern eine Frage der Gelegenheit. Ich bin nicht treu“ – wörtlich Udo Jürgens. Er selbst nennt sich einen bekennenden Atheisten. Das wird uns von den Medien zugemutet. Wir, die wir hier in dieser heiligen Messe versammelt sind, um Gott die Ehre zu geben, wissen, dass unsere Kirche darniederliegt, wie sie etwa am Beginn des 19. Jahrhunderts darniedergelegen hat: verwüstet vom Sturm der heidnischen Aufklärung, lau geworden im Dienste Gottes, unbekümmert um Verluste an fremde Religionsgemeinschaften, in Umarmung mit dem Protestantismus. Aber dann kam die katholische Bewegung, dann kam die echte Reform, die Erneuerung. Eine wahre Blüte der Kirche setzte ein in Deutschland. Daran beteiligt waren auch katholische Zeitungen. In Mainz erschien seit 1821 die Zeitung „Der Katholik“. 100 Jahre lang hat „Der Katholik“ Bestand gehabt. Eine Zeitung, die in ihrem Titelblatt hatte: Zur Belehrung, zur Warnung und zur Wehr. 100 Jahre lang hat „Der Katholik“ katholisches Gedankengut in zahllose Familien und in die Öffentlichkeit getragen. Die Gründer waren zwei Männer, die später Bischof wurden: Räß in Straßburg, Weis in Speyer. Daneben gab es in Mainz das „Mainzer Journal“, eine katholische Tageszeitung. Am 1. Juli 1848 hat der seeleneifrige Priester Adam Franz Lennig diese Zeitung ins Leben gerufen. Sie hat das öffentliche Leben aus katholischer Warte beobachtet, kommentiert und zu ihrem Teil mitgestaltet. Erst das Naziregime hat dieser Zeitung den Garaus gemacht. Wenn sich etwas ändern soll, meine lieben Freunde, dann bedarf es einer echten – aber einer echten! – Reform an Haupt und Gliedern, wie wir sie in der Kirchengeschichte wiederholt erlebt haben: in der Zeit Papst Gregors VII., nach dem Konzil von Trient, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ich glaube nicht, dass es Menschen gelingen kann, die Wende herbeizuführen. Ich glaube, dass Gott allein die Erneuerung bewirken kann. Aber er bewirkt sie durch Menschen! Durch Menschen, die er erweckt, durch Menschen, die vom Eifer für seine Ehre verzehrt sind. Christus ist König, Herr der Welt. Er will herrschen im Herzen des einzelnen, aber auch in der Öffentlichkeit, in der Gesellschaft, in der Politik, im Staat, im Recht. Wir sind seine Anhänger, seine Jünger, seine Sachwalter und seine Apostel. Seine Sache ist die unsere. Wir müssen sie betreiben durch Gebet, durch Frömmigkeit, aber auch durch Mut, durch Bekenntnis, durch Mitwirkung an der Verchristlichung der Gesellschaft.

Amen.

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