20. Juni 2010
Der große Irrweg in der Kirche als Folge des falschen Ökumenismus
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Wir haben eben von dem großen Wunder gehört, das der Herr gewirkt hat. Da möchten wir verzagt fragen: Wie ist es heute? Macht die Kirche auch heute noch solche Fischfänge? Tun sich die Tiefen des Meeres auf und werfen solche Mengen Fische ans Land? Und wenn nicht, warum nicht? Wir müssen uns messen an den Jüngern. Von ihnen heißt es: „Wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen.“ Die Jünger haben gearbeitet. Sie haben schwer gearbeitet; sie haben Nachtarbeit geleistet. Arbeit ist nun einmal im Reiche Gottes verlangt, anstrengende, ermüdende Arbeit. Annehmlichkeit, Behaglichkeit, Bequemlichkeit sind Schreckworte für den Diener Christi.
Ist diese Voraussetzung in unserer Zeit gegeben? Arbeiten die zahlreichen, die tausende Bedienstete der Kirche angestrengt und unermüdlich? Wir groß ist ihr Einsatz, wie stark ihr Engagement? Wie arbeiten sie? Auf welchen Arbeitsplätzen? Sitzen nicht so manche Priester und Laien im kirchlichen Dienst und mit kirchlichem Gehalt auf angenehmen Posten mit leichter Arbeit? Mein Blick ist begrenzt. Aber aus dieser Begrenzung darf ich sagen, was ich beobachte, nämlich dass man in der Kirche für weniger Arbeit mehr verdient als in der Welt. Das ist nach meiner Überzeugung, nach meiner Beobachtung die Lage in Deutschland. Mit weniger Arbeit verdient man in der Kirche mehr Geld.
Viele suchen sich eine behagliche und angenehme Arbeit heraus. Die schwere, die unerläßliche Arbeit bleibt ungetan. Es gibt zahlreiche Gehaltsempfänger, die ihre Stunden absitzen und manchmal nicht einmal das tun. Ich habe einschlägige Erfahrungen! Haben wir nicht in unseren deutschen Diözesen eine überbordende Bürokratie? Wie viele, wie viele Tausende nehmen an Schreibtischen Platz, bedienen Telefone, versenden Papiere und sind mit Tagungen beschäftigt. Was tragen sie für die Arbeit am Reiche Gottes bei? Gibt es nicht gläubige, eifrige Laien, die mit ihrem Gebetsgeist und mit ihrer Apostelgesinnung viele beamtete Kirchendiener beschämen? Wie viel von der tatsächlich geleisteten Arbeit kommt dem Ziel zugute, Menschen zu fischen, also Menschen für den Glauben zu gewinnen, Menschen bei der Kirche zu halten, Abständige zur Gemeinde zurückzuführen, Abgefallene zur kirchlichen Gemeinschaft zurückzuholen? Die Antwort lautet: Fast nichts. Es geschieht alles Mögliche, aber nicht das eine Notwendige, nicht das schlechthin Unerläßliche, nämlich Menschen fischen.
Und wie steht es um die Priester? Ich bin fast mein ganzes Leben mit der Erziehung von Priestern beschäftigt gewesen und habe einen Einblick. Arbeiten alle Priester der Kirche angestrengt und unverzagt für das Reich Gottes? Sind sie bemüht, Menschenfischer zu sein? Oder wieviel Zeit bringen sie vor dem Fernseher zu? Gibt es nicht allzu viele Priester, die nicht in der Seelsorge tätig sind, sondern die sich andere, angenehmere Jobs besorgt haben? Und sind die in der Seelsorge beschäftigten Priester wirklich ganz und voll der Sorge für Seelen verpflichtet? Gibt es nicht Priester, die gewissen Liebhabereien nachgehen, die mit der Seelsorge nichts zu tun haben? Ich kenne einen Priester, der beschäftigt sich mit Hexenprozessen. Was ist es mit dem freien Tag der Priester? Hat Paulus einen freien Tag gemacht? Hat der Pfarrer von Ars einen freien Tag gemacht? Und muss der freie Tag frei sein vom Messopfer?
Wie viele der kirchlichen Bediensteten können von sich sagen: Wir haben die ganze Nacht gearbeitet. Wir haben mit vollem Einsatz, mit glühendem Eifer für Gott gearbeitet. Wie viele können das sagen? Wenn die Jünger Christi alles aus sich herausgeholt haben, dann mögen sie sagen: Wir haben die ganze Nacht gearbeitet. Aber nicht eher. Dann können sie auch auf Gottes Hilfe rechnen. Sie können aber diese Hilfe nur erwarten, wenn sie getan haben, was sie zu tun vermögen. Gott ist kein Lückenbüßer für die Trägheit der Menschen.
Wir wissen, dass das Ungenügen im Inneren der Kirche zusammentrifft mit den Aggressionen von außen. Ich verkenne nicht die Schwierigkeiten, die sich der Arbeit für Gottes Reich entgegenstellen. Wir wissen von dem neuen Atheismus. Die Gottlosigkeit erhebt frech ihr Haupt, der Unglaube verlangt Gleichberechtigung. Nein, er will Bevorrechtigung vor dem Glauben! Das ganze europäische Getue, das europäische Parlament und die europäische Regierung, die gesamte Organisation, die neigen in starkem Maße zur Vernachlässigung, ja zur Unterdrückung der Religion. Also auch da, wo gut gearbeitet wird, wo Priester und Laien sich redlich mühen, wo das herrliche Zeugnis nicht fehlt, stellt sich der Erfolg nicht automatisch ein. Die Menschen können ihre Augen verschließen von der Herrlichkeit Gottes, sie können ihre Ohren verstopfen gegen die Botschaft vom Heil. Es gibt einen offenkundigen Widerstand gegen Gottes Gedanken.
Die größte Gefahr sehe ich ausgehen von dem hemmungslosen Ökumenismus. Er treibt die katholischen Christen in den Protestantismus. Das bin ich bereit, jedem zu bezeugen, auch dem Kardinal von Mainz. Dieser Tage sprach ich mit einer Dame, Bankangestellte, katholisch, verheiratet, ein Kind, beteiligt sich am kirchlichen Leben. Was wünscht sie von der Kirche? „Die Kirche müßte sich mehr der evangelischen Kirche angleichen.“ Das wünscht sie. Die Kirche müßte sich mehr der evangelischen Kirche angleichen. Das ist die Aufforderung zum Selbstmord. Das ist keine Einzelstimme, das ist eine Grundstimmung. Und dafür verantwortlich ist der Ökumenismus. Er betreibt die Vereinigung der Christen, indem er die Katholiken in die protestantischen Hürden treibt. Ich frage die Herren Bischöfe: Wie lange wollen Sie den Ökumenismus noch weiter treiben? Bis zum letzten Katholiken?
Dennoch gilt der Befehl des Herrn: „Fahret hinaus auf die See und werfet eure Netze aus!“ Dieser Befehl steht. Lehret die Menschen, gehet hin, verkündet das Evangelium! Also nicht sich in eine Nische zurückziehen, nicht in ein Schweizer Idyll flüchten, nicht sich den paar Guten widmen, die es noch gibt. Nein, missionarisch sein, apostolisch sein, werben für Gottes Reich. Menschen, die Gott vergessen haben, unruhig machen. Menschen gewinnen für unsere heilige Religion. Die Apostel sind hinausgefahren. Sie haben den Befehl des Herrn befolgt. Und dann der große Erfolg: ein reicher Fischfang, eine große, eine riesige Menge von Fischen durch das Machtwort des Herrn, durch seine Wunderkraft. Wunder können nicht erzwungen werden. Aber man kann sich der Wunder würdig machen durch immerwährende eigene Anstrengung, durch ständiges vertrauensvolles Gebet, durch demütiges Harren auf die Hilfe Gottes. Das Entscheidende im Leben ist nicht, das zu tun, was wir wollen, sondern das zu tun, was Gott will. Gottes Willen suchen, nach Gottes Willen fragen, Gottes Willen über unserem Leben erforschen. Und da ist eines sicher: Ein bequemes, behagliches, geruhsames Leben ist nicht nach Gottes Willen. Gott macht es seinen Jüngern nicht gemütlich, er verlangt von ihnen das Opfer.
„Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium allen Geschöpfen!“ So lautet der letzte Befehl des Herrn. Gehen, nicht sitzen bleiben und warten; lehren, nicht unterhalten und schwätzen; taufen, nicht interessant über fernöstliche Religionen reden. Und das alles im Geiste der Demut. Nicht für die eigene Befriedigung arbeiten, sondern für die Ehre Gottes. Nicht Anerkennung für sich begehren, sondern für Gottes Wirklichkeit. Wer anfängt, sich seiner Arbeit im Reiche Gottes zu rühmen, der vertreibt Gottes Segen von seiner Arbeit. Auch das Rühmen anderer ist zumeist unbegründet. Der Personenkult in unserer Kirche wird durch die Zahlen des Abfalls und der Lauheit als eine Verirrung erwiesen. Es ist kein Anlaß dazu, Menschen zu preisen, sondern es ist Demut gefragt und Zerknirschung, sich zu erinnern an das Wort des Herrn: „Ihr sollt, wenn ihr alles getan habt, was euch aufgetragen ward, sagen: Wir sind unnütze Knechte. Wir haben nur getan, was wir schuldig sind.“
Weit dehnt sich das Meer vor unseren Augen, die Missionsländer rufen nach Missionaren. Aber der Ruf findet wenig Widerhall in den Herzen der Menschen. Missionsländer sind heute nicht nur Afrika und Asien, Missionsland ist ganz Europa. Missionsland ist auch Deutschland. Die Tatsache steht fest, aber die Folgerungen daraus sind bisher ausgeblieben. Mission ist ein Fremdwort in den Amtsstuben der Ordinariate, ist ein Fremdwort in dem Wasserkopf der Bischofskonferenz, ist ein Fremdwort beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Kritik am Papst, das verstehen sie alle, aber nicht Mission. Entweder wir fangen endlich an, Mission zu treiben, oder wir schrumpfen weiter zu einer Sekte!
„Von nun an wirst du Menschen fangen“, sagt der Herr zu Petrus. Und das sagt er zu uns allen: Menschen fischen, Abständige für das religiöse, für das kirchliche Leben gewinnen. Warum sagen Sie nicht zu jemand: „Kommen Sie doch mal mit zu unserem Gottesdienst! Hören Sie sich doch mal eine Predigt an“? Abgefallene, Ausgetretene zurückholen zur Gemeinde, das Licht des Glaubens erhalten in der Familie. Ich fordere Sie immer wieder auf, meine Freunde: Lesen Sie, verschaffen Sie sich Wissen, um argumentieren zu können, um Unwissende aufzuklären. Ich erinnere mich, wie mir vor vielen Jahren einmal ein Liberaler im Beichtstuhl sagte: „Ja, das katholische Zentrum hat ja auch für das Ermächtigungsgesetz gestimmt.“ „Jawohl“, sage ich, „aber Ihr großes Idol, der Herr Heuß hat auch für das Ermächtigungsgesetz gestimmt.“ Da war er still. Wissen muss man haben.
Zweifelnde zur Klarheit bringen, Gegner überzeugen, Schriften verteilen. Es gibt so viele gute Schriften, meine Freunde. Ich habe hier einige bei mir. Diese Schriften können Ihnen Material liefern, um sich zu behaupten im Geisteskampf. Vor allem dieses hier: Luther. Hier können Sie einmal aufgeklärt werden, wer dieser Herr war. Und bei allem: Nicht die Zuversicht verlieren. Es ist nichts vergeblich, was in reiner Absicht für Gott und sein Reich getan und gelitten wird. Gott kann den Segen denen nicht versagen, die selbstlos für ihn arbeiten. Und Gott ist nicht ohnmächtig. Der alte Gott lebt noch. Er ist so lebendig und mächtig wie eh und je. Christus ist der Herr und König auch unserer Zeit. Er sehnt sich nach unserer Gefolgschaft. Die Sturmwinde des Heiligen Geistes stehen bereit. Sie warten auf Menschen, die sich von ihnen treiben lassen.
Amen.