27. Mai 1996
Wirkungen des Geistes Gottes
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Die Beziehung vieler Christen zum Heiligen Geist ist nicht recht lebendig. Es mag daran liegen, daß der Heilige Geist schwer vorstellbar ist. Unseren Herrn und Heiland können wir uns sehr gut vorstellen, als Kindlein in der Krippe, als den Wanderer über den Fluren von Galiläa, als den Weisheitslehrer im Tempel zu Jerusalem. Aber der Heilige Geist ist unanschaulich. Deswegen ist der Zugang zu ihm schwieriger als zu unserem Herrn und Heiland Jesus Christus. Dennoch ist es möglich, aus seinem Wirken eine Ahnung von seiner Persönlichkeit zu gewinnen. Man kann auf die Wirkungen des Geistes schauen und von da auf sein Wesen schließen. Die Wirkungen des Geistes waren am Anfang der Kirche deutlicher, greifbarer, sichtbarer, als sie heute zu sein scheinen. Denn solche spektakulären Ereignisse wie das erste Pfingstfest gibt es in der Kirche offensichtlich nicht mehr. Damals kam der Geist in Feuerflammen auf die Apostel herab, Sturm erhob sich und sie redeten in neuen Sprachen. Alle Völker, die versammelt waren, verstanden sie. So wirkt der Heilige Geist heute nicht mehr. So demonstrativ ist sein Wirken in unserer Gegenwart nicht. Er wirkt in der Stille. Aber sein Wirken ist deswegen nicht unerkennbar geworden. Auch heute vermag man, wenn man guten Willens ist, das Wirken des Geistes zu ergreifen. Ich erwähne drei Wirkungen des Geistes, an denen er zu erkennen ist,
1. die Entdeckungen und Erfindungen,
2. das Bewahren und Behüten und
3. das Erwecken und Anregen.
Vielleicht sind Sie ein wenig erstaunt, wenn ich sage: Man kann den Geist erkennen an den Entdeckungen und Erfindungen. Wahrhaftig, unsere Zeit hat gewaltige, überwältigende Entdeckungen und Erfindungen erlebt. Wir haben die Welt der Atome erschlossen, wir sind in den Weltenraum vorgedrungen, wir vermögen uns die Erkenntnisse der Elektronik nutzbar zu machen, und in der Computertechnik überrascht uns eigentlich jedes Jahr mit neuen, atemberaubenden Entdeckungen. Diese neuen Wirklichkeiten werden den Menschen aufgeschlossen durch den Schöpfergeist. Wir müssen nämlich beim Wirken des Geistes zwischen seinen natürlichen und seinen übernatürlichen Wirkungen unterscheiden. Die übernatürlichen Wirkungen gehen vom Begnadigergeist aus. Es sind die Gaben des Heiligen Geistes, die er austeilt, Weisheit, Wissenschaft, Verstand, Rat, Stärke, Frömmigkeit, Furcht des Herrn; es sind die Früchte des Heiligen Geistes, Liebe, Freude, Friede und wie sie alle heißen. Diese Wirkungen sind hier nicht gemeint, sondern in den Entdeckungen und Erfindungen ist der Schöpfergeist wirksam, also der Geist, der die Welt geschaffen hat und der auch den menschlichen Verstand gebildet hat. Wer immer also sachgemäß forscht, wer immer wirklichkeitsgemäß an den Gegenstand seiner Forschung herangeht, wer immer rechtmäßg handelt, der ist ein Zeuge des Heiligen Geistes, in dem ist die Kraft des Schöpfergeistes wirksam. Selbst wenn der Forscher gar nichts vom Geist weiß, welbst wenn er nicht davon überzeugt ist, wenn er sachgemäß vorgeht, handelt er im Sinne des Heiligen Geistes, handelt er in der Kraft des Heiligen Geistes, sind seine Entdeckungen und Erfindungen dem Schöpfergeist zuzuschreiben. Der Heilige Geist ist wirksam in den Entdeckungen und Erfindungen.
Er ist aber auch wirksam im Bewahren und Behüten. Dieses Bewahren und Behüten bezieht sich an erster Stelle auf das Glaubensgut der Kirche. Meine lieben Freunde, was wäre aus dem Glauben der Kirche geworden, wenn der Heilige Geist ihn nicht erhalten hätte! Wie hätten die Menschen den Glauben nach ihren Gelüsten und nach ihren Wünschen gemodelt, umgeformt und verunstaltet! Daß dieser Glaube in unserer Kirche erhalten geblieben ist, allen Anfeindungen, Verfolgungen, Verlockungen zum Trotz, das ist das Wirken des Heiligen Geistes. Wie andere, die sich von unserer Kirche gelöst haben, verfahren, das erleben wir in diesen Tagen in Konstanz. Dort weiht der sogenannte altkatholische Bischof Frauen zu sogenannten Priestern. Dieser altkatholische Bischof ist ein abgefallener katholischer Priester. Er unternimmt etwas, was nach Gottes Willen nicht geschehen darf. Diese Weihe ist ungültig, denn der Heilige Geist tut nicht mit. Er macht nicht mit bei einem Unternehmen, das nicht gottgewollt ist. Aber das ist eben das Wesen jeder Abfallbewegung: Sie will es den Menschen recht machen und nicht Gott. Und weil der feministische Trend heute in der Welt ist, so sucht man ihm auch in der altkatholischen Gemeinschaft Genüge zu leisten. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen der katholischen Kirche und Abfallprodukten von ihr, meine lieben Freunde, daß die katholische Kirche angetreten ist, es Gott recht zu machen und nicht den Menschen.
Als im Jahre 1993 die britische Sozialministerin Anne Whitcomb zur katholischen Kirche übertrat, da sagte sie zur Begründung: „Wenn ich nach einer Kirche suche, die den Glauben lehrt, statt es den Menschen recht zu machen, blicke ich nach Rom!“ Ich wiederhole noch einmal diesen wichtigen Satz: „Wenn ich nach einer Kirche suche, die den Glauben lehrt, statt es den Menschen recht zu machen, blicke ich nach Rom!“ Das eben ist es, was das Wirken des Heiligen Geistes ausweist. Er paßt sich nicht konformistisch Wellenbewegungen in der Gesellschaft an, sondern er hält die Wahrheit durch, er bewahrt und behütet seine Kirche in der Wahrheit.
Die dritte Wirkung des Heiligen Geistes ist das Erwecken und Anregen. Immer wieder schafft der Heilige Geist neue Menschen im Bad der Wiedergeburt der heiligen Taufe, immer wieder erneuert er Sünder im Bußsakrament, macht aus Ungerechten Gerechte, aus Unheiligen Heilige. Immer wieder bewegt er Herzen, daß sie sich bekehren. Wir Beichtväter wissen um das Wirken des Heiligen Geistes in den Seelen. Wir wissen, wie seine Kraft und sein Beistand in den Herzen der Menschen wirkt. Kostbare Tränen haben wir im Beichtstuhl erlebt, kostbare Tränen, die der Heilige Geist aus den Augen der Bekehrten herausgepreßt hat. Wahrhaftig, auch heute wirkt der Heilige Geist als der große Erwecker und Anreger. Es gibt auch heute hoffnungsträchtige Gründungen in unserer Kirche. Statt der teilweise verrotteten alten Orden erweckt der Heilige Geist neue Gemeinschaften. Ich denke etwa an das Opus Dei oder an die Gemeinschaft der Diener Christi und Mariens, die der Pater Hönisch gegründet hat. Diese im wahren katholischen Sinne arbeitenden Gemeinschaften werden verfolgt, und das ist das Zeichen ihrer Echtheit. Wenn auf der Erde etwas geschieht, was Gottes Ehre befördert, gerät der Teufel in Aufregung – und er hat seine Diener bis in die Hierarchie der Kirche – und sucht dieses Werk zu hindern und zu zertrümmern.
Soeben hören wir, wie der Erzbischof von Bamberg unter fadenscheinigen Gründen dem Pater Hönisch verboten hat, eine Niederlassung in der Diözese Bamberg zu begründen. Lieber die Leute in Wortgottesdienste schicken als zu Priestern, welche das wahre, heilige Meßopfer feiern: Das scheint das Prinzip dieser Leute zu sein.
Meine lieben Christen, der Heilige Geist ist nicht totzukriegen! Mögen noch so viele Widerstände und Gegensätze sich erheben, am Ende wird er triumphieren. Freilich, die bange Frage bleibt: Wann und nach welchen Verlusten? Aber wir dürfen überzeugt sein, der Heilige Geist ist auch heute wirksam als Erwecker und Anreger, er ist auch heute die Kraft, die das Angesicht der Erde und vor allem der Kirche erneuert.
Amen.