22. August 2021
Der heilige König Ludwig
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Am 25. August feiert die Kirche das Gedächtnis des heiligen Königs Ludwig IX. von Frankreich. Wir wollen heute seiner gedenken. Mit noch nicht zwölf Jahren verlor er seinen Vater Ludwig VIII. (1187-1226). Die Regentschaft übernahm seine Mutter Blanka (von Kastilien). Der junge König wurde am 12. November 1226 gekrönt. Er erhielt eine sorgfältige Erziehung. Seine Mutter prägte ihm ein tiefes Bewusstsein seiner Christenpflichten und einen lebhaften Abscheu vor der Sünde ein. Sie gewann eine absolute Herrschaft über ihren Sohn. Er wagte niemals, etwas gegen ihren Willen zu unternehmen. Mit fünfzehn Jahren ließ sie ihn die dreizehnjährige Margarete von der Provence heiraten. Sechs Jahre lang hielt sie die beiden Ehegatten voneinander getrennt. Auch in der Folgezeit mischte sie sich beständig in deren Eheleben ein. Mit großer Mühe verteidigten sie sich gegen ihre Zudringlichkeit.
Mit 21 Jahren wurde Ludwig IX. volljährig. Er musste eine Revolte seiner mächtigen Vasallen niederschlagen, die von König Heinrich III. von England gelenkt wurde. Im Jahre 1244 legte Ludwig IX. während einer Krankheit das Gelübde ab, einen Kreuzzug zu unternehmen, um Jerusalem zu befreien, das wieder in die Hände der Muslime gefallen war. Der Feldzug kam zustande. Der König beteiligte sich daran mit seiner Ehefrau. Die Regierungsgeschäfte überließ er der Königin Blanka. Er mied Sizilien, das unter der Herrschaft des gerade exkommunizierten Kaisers Friedrich II. stand. Er fuhr über Zypern und Ägypten. Dort erstürmte er im Juni 1249 Damiette. Doch einige Monate später erlitt er vor Mansourah eine schwere Niederlage und wurde mit seinen Rittern gefangengenommen. Schwer an Ruhr erkrankt, musste er Damiette wieder zurückgeben und eine hohes Lösegeld zahlen. Eine große Zahl seiner Gefährten kehrte daraufhin nach Frankreich zurück. Ludwig selbst blieb noch über drei Jahre in Palästina, um die Orte, die noch in der Hand der Christen waren, zu stärken und zu festigen. Königin Blanka musste sich in der Zeit der Abwesenheit Ludwigs erneut einer Revolte der sogenannten Pastorellen entgegenstemmen. Blanka starb Ende November 1252. Auf diese Nachricht hin sah sich Ludwig endgültig gezwungen nach Frankreich zurückzukehren. Am 7. September 1254 traf er in Paris ein. Von nun an befasste sich Ludwig aktiv mit den Angelegenheiten seines Reiches. Die Sicherung des äußeren Friedens durch Verträge mit dem Ziel einer geeinten Christenheit und des inneren Friedens durch Wahrung des Rechts war fortan sein oberstes Ziel.
Seine Lebensweise war immer sehr einfach gewesen, aber nach der Rückkehr vom Kreuzzug lebte er strenger. Er verzichtete auf die Jagd, an der er früher viel Freude gehabt hatte. Er schaffte jeden Luxus in der Kleidung ab. Er legte sich körperliche Bußen auf: Fasten, Geißelung, Bußgürtel. Das Privatleben Ludwigs glich eher dem eines Ordensmannes als dem eines Königs. Jeden Tag wohnte er einer heiligen Messe oder mehrerer derselben bei. Er betete das kirchliche Stundengebet. Augenzeugen berichten von geradezu wunderbaren Beispielen seiner Geduld und Demut, und das in einer Zeit, in der die Sitten sehr rauh waren. Ohne irgendeine Klage ertrug er die Ungeschicklichkeiten seiner Bediensteten und sogar die Beschimpfungen einer armen Frau. Ludwig war ein liebevoller Gatte und ein vortrefflicher Familienvater. Margarete von der Provence gebar elf Kinder, von denen neun am Leben blieben. Er liebte sie zärtlich. Seine Nächstenliebe den Armen und Kranken gegenüber war unermüdlich. Er bediente sie mit eigener Hand, legte selbst Aussätzigen Verbände an und umarmte sie.
Aus christlicher Gesinnung bemühte sich Ludwig, die Organisation seines Reiches zu verbessern. Damals wurde die römische Gesetzessammlung, bekannt unter dem Namen Pandekten Justinians, aufgefunden. Ludwig benutzte sie, Reformen in der Gesetzgebung einzuführen und die Selbständigkeit der regionalen Herren einzuschränken; er nahm ihnen das Recht, in willkürlicher Weise zu richten und zu urteilen. Er verbot Duelle als Mittel der Rechtsfindung. Um die privaten Fehden unter seinen Vasallen zu verringern, ordnete er eine vierzigtägige Waffenrufe an, die man „die vierzig Tage des Königs“ nannte. Der König sprach mit Vorliebe selbst Recht. In Vincennes, wo er häufig residierte, hatten Personen, die Klage oder Beschwerde führten, freien Zutritt.
In mancher anderen Hinsicht war Ludwig ein Mensch seiner Zeit, wie es die strengen, ja manchmal grausamen Maßnahmen zeigen, die er gegen Gotteslästerer, Häretiker und Juden traf. Ludwig war ein kultivierter und in Maßen aufgeklärter Herrscher. Unter seiner Regierung sind beachtliche Fortschritte im Denken, in der Literatur und in den Künsten zu verzeichnen. Er selbst nahm großen Anteil an der Wissenschaft des Thomas von Aquin und Vinzenz von Beauvais. Er unterstütze die Einrichtung der Pariser Universität Sorbonne durch Robert von Sorbon. Um eine Stätte für die Reliquien der Passion Christi zu schaffen, die er vom Kreuzzug mitgebracht hatte, ließ er die herrliche Sainte-Chapelle bauen. Außerdem errichtete Ludwig eine große Zahl frommer und karitativer Stiftungen. Ein Hospital mit dem Namen Quinze-Vingts war für die Aufnahme von dreihundert Blinden bestimmt.
Die Integrität Ludwigs ist vielleicht am offenkundigsten in seinem außenpolitischen Verhalten. Er betrachtete die Eroberungen seines Großvaters Philipp II. August (1180-1223) zum Schaden der Krone Englands als ungerechtfertigt. Er gab daher im Jahre 1269 durch den Vertrag von Abbeville König Heinrich III. das Gebiet von Perigord, das Limousin, das Land um Agen, Quercy und die Saintonge zurück. Der König von England verzichtete seinerseits auf alle anderen Rechte in Frankreich. Selbst zu jener Zeit wurde dieser Vertrag heftig kritisiert. Der Ruf der Gerechtigkeit, den er Ludwig verschaffte, hatte zur Folge, dass Ludwig in mehreren Konflikten zwischen ausländischen Herrschern als Schiedsrichter angerufen wurde. Die Absetzung Kaiser Friedrichs II. durch Papst Innozenz IV. ignorierte Ludwig. Er versuchte zwischen Kaiser und Papst zu vermitteln, doch vergebens. Er verbot in seinem Land Geldsammlungen zum Krieg gegen den Kaiser. Auf der anderen Seite tolerierte er die Unternehmungen seines Bruders Karl von Anjou, die Eroberung Neapels, das ihm von Papst Urban IV. übergeben worden war.
Unter der Regierung Ludwigs IX. erlebte Frankreich eine Zeit der Ruhe und des Friedens. Doch die Angelegenheiten des Vorderen Orients beschäftigten den König weiter. 1261 setzte Sultan Baibars von Ägypten sich in den Besitz eines großen Teils von Palästina. Darauf beschloss der König, einen neuen Kreuzzug zu unternehmen. Er brachte eine Streitmacht von 60 000 Mann zusammen. Sie stach von Aigues-Mortes in See. Ihr erstes Ziel war Tunis. Dort wollte man Karl von Anjou erwarten. Ludwigs Heer lag in Sichtweite der Stadt. Doch bald wurde die zur Untätigkeit verurteilte Armee durch die Cholera dezimiert. Dabei starb auch der Graf von Nevers, ein Sohn des Königs. Ludwig selbst erkrankte und fühlte sein Ende nahe. Deshalb gab er einem anderen Sohn, dem späteren Philipp dem Kühnen, seine letzten Ratschläge und seinen Segen. Er ließ sich auf ein Lager von Asche betten und starb am 25. August 1270, die Arme zum Kreuz ausgebreitet. Ludwig war weder ein großer Heerführer noch ein großer Staatsmann. Aber durch seine außerordentlichen menschlichen und christlichen Qualitäten, die er vor den Augen des ganzen Abendlandes verkörpert hatte, wurde er zum Ideal des christlichen Herrschers. Papst Bonifaz VIII. sprach ihn am 11. August 1297 heilig. Er ist der Patron der Barbiere und sonstiger Handwerker.
Amen.