21. Mai 2006
Die Pflicht der Gottesverehrung
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
An der Weise, wie jemand den Namen Gottes gebraucht, kann man seine Einstellung zu Gott, kann man seine Frömmigkeit ablesen. Gott selber verlangt im 2. Gebot, dass wir seinen Namen ehren. Mit dem Namen ist immer der Träger des Namens gemeint. Es geht also nicht nur um das Wort, es geht um die Person. Und wer den Namen in Ehren hält, der ehrt den Träger des Namens. Wer den Namen schmäht, der schmäht den Träger. Eben haben wir wieder ein kleiner Beispiel davon erlebt. Ein ungenannter Abgeordneter hat, und zwar im pejorativen, also im gering machenden Sinne, den Bundespräsidenten als Sparkassendirektor bezeichnet. Uns geht es hier nicht um die Menschen, uns geht es hier um Gott und um seinen Namen. Der Name Gott spricht das Höchste aus, was der Mensch überhaupt aussprechen kann, das Höchste, was es im Himmel und auf Erden gibt. „Gott“ bezeichnet den Herrn, dem die Engel dienen, vor dem die Hölle erzittert und vor dem die ganze Erde in die Knie gehen muss. Der Name Gottes muss geheiligt werden.
Er wird geheiligt im Gebet. Fast jedes Gebet beginnt im Namen Gottes, meistens im Namen des dreifaltigen Gottes. Im Gebet wenden wir uns immer unmittelbar oder mittelbar an Gott. Auch wenn wir die Heiligen anrufen, zielt das Gebet auf Gott, denn die Heiligen sind ohnmächtig, wenn Gott sie nicht mächtig macht. Sie können für uns Fürbitte einlegen, aber Gott ist es, der diese Fürbitte erhört. Also im Gebet ehren wir Gott, wenn wir seinen heiligen Namen nennen. Wir wissen, dass heilige Ehrfurcht unsere Gebete begleiten muss.
Es gibt aber auch andere Formen der Ehrung Gottes. Eine ganz bestimmte Weise, Gott zu verehren, ist der Eid. Im Eid wird Gott als Zeuge dafür angerufen, dass eine Aussage wahr ist oder ein Versprechen ernst gemeint ist. Wir rufen Gott den Allwissenden zum Zeugen an, wenn wir schwören, dass wir die Wahrheit sagen oder dass wir ein Versprechen halten wollen. Nun gibt es Religionsgemeinschaften, die das Schwören verbieten, die den Eid radikal ablehnen und meinen, damit in der Gesinnung unseres Herrn und Heilandes zu handeln, z.B. die Mennoniten. Es gibt ein Wort im Evangelium, das lautet: „Ihr sollt überhaupt nicht schwören, weder beim Himmel noch bei der Erde noch beim Tempel. Eure Rede sei ja für ein Ja und nein für ein Nein. Was darüber ist, ist vom Bösen. Ihr sollt überhaupt nicht schwören.“ Selbstverständlich. Das Schwören sollte überhaupt nicht notwendig sein; es sollte überflüssig sein. Aber weil eben die Menschen unzuverlässig sind, weil sie sich gegenseitig betrügen, deswegen ist der Eid notwendig, und die Kirche hat diese Stelle des Evangeliums immer so verstanden, dass man nicht leichtfertig schwören soll und dass man vor allem nicht falsch schwören soll. Aber das Schwören absolut zu verbieten hat sie niemals aus diesem Text herausgelesen. Und sie ist ja vom Heiligen Geist geleitet. Sie weiß richtiger als die Mennoniten, was dieses Wort des Herrn bedeutet.
Wer den Eid leistet, verehrt Gott, denn er nimmt ihn ernst in seiner Existenz und in seiner Allwissenheit. Wer schwört im Namen Gottes, der bezeugt damit, dass er an Gott glaubt und dass er ihn als den Allwissenden anerkennt. Deswegen, meine lieben Freunde, achten gläubige Christen sehr darauf, wie Minister ihr Amt antreten, ob mit oder ohne Anrufung Gottes. Man hat seit einiger Zeit den sogenannten bürgerlichen Eid eingeführt, d.h. einen Eid ohne Anrufung Gottes. Das ist an sich gar kein Eid, denn der Eid sagt wesensgemäß die Anrufung Gottes für die Wahrheit oder die Zuverlässigkeit einer Aussage. Aber immerhin, es gibt also diesen bürgerlichen Eid, der vom Gesetz ermöglicht wird, und wir wissen, dass von den Ministern, die in der gegenwärtigen Bundesregierung sind, nur eine, nämlich die Frau Zypries, den bürgerlichen Eid geleistet hat, während alle anderen den Eid unter Anrufung Gottes geleistet haben, was uns freuen kann.
Eine andere Weise, Gottes Namen zu ehren, ist das Gelübde. Das Gelübde ist ein Versprechen, das man Gott gemacht hat, um etwas Besonderes zu seiner Ehre zu tun. Es ist also ein Versprechen, nicht ein Vorsatz. Manche Leute sind unsicher: Habe ich jetzt ein Gelübde gemacht oder habe ich bloß einen Vorsatz gefasst? Der Vorsatz bindet nur mich selbst, das Gelübde bindet mich gegenüber Gott. Das Gelübde ist nämlich ein Gott gemachtes Versprechen, und er hat ein Recht, seine Erfüllung einzufordern. Also wir müssen Gelübde und Vorsatz auseinanderhalten. Das Gelübde gilt gegenüber einem anderen, der Vorsatz gilt gegenüber mir selbst. Und zwar wird das Gelübde eben Gott gemacht, nicht einem Heiligen, auch keinem Menschen, sondern nur Gott. Wenn ich den Menschen etwas verspreche, bin ich auch gehalten, es zu erfüllen, aber die Bindung gegenüber Gott ist natürlich viel tiefgehender und viel strenger. Deswegen ist ein Gelübde immer mit Sünde bei Gelübdebruch verbunden. Das unterscheidet das Gelübde von allen anderen Versprechungen, dass man sich unter Sünde verpflichtet. Nur wo eine wirkliche Verpflichtung unter Sünde eingegangen wird, da liegt ein Gelübde vor.
Die heilige Theresia von Avila machte das Gelübde, immer das Vollkommenere zu tun, also nicht was bequemer ist, wohin wir ja neigen, nicht das, was leichter ist, was wir uns aussuchen, sondern immer das, was vollkommener ist, was vor Gott mehr zählt: ein gewaltiges, ein strenges, ein furchtbares Gelübde. Der heilige Alphons von Liguori hatte das Gelübde gemacht, keine Minute der kostbaren Zeit zu vergeuden. Auch das ein strenges, ein forderndes Versprechen. Keine Minute der kostbaren Zeit zu vergeuden. Und wieviel Zeit vergeuden wir! Deswegen, so sagt auch die Heilige Schrift, ist es besser, nicht zu geloben, als das, was man gelobt hat, nicht zu erfüllen. Das sind einige Weisen, wie der Name Gottes geehrt wird: im Gebet, in der Anrufung, im Eid und im Gelübde.
Aber die Kehrseite ist die Verunehrung des Namens Gottes. „Du sollst den Namen deines Gottes nicht missbrauchen“, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht. Der Missbrauch fängt an beim leichtfertigen und leichtsinnigen Umgang mit dem Namen Gottes. Wir sind ja alle in der Gefahr, Gottes Namen zu oft und zu unbeschwert zu gebrauchen. Wenn jemand etwas Wichtiges erzählt: „O Gott, das weiß ich schon.“ Was hat Gott damit zu tun? Oder wenn jemand etwas runterfällt: „Ach Jesses, jetzt ist es kaputt.“ Jesses, das ist eine Abkürzung von Jesus. Und so gibt es viele andere Dinge, wo wir leichtsinnig den Namen Gottes gebrauchen, wo er eigentlich nicht hingehört. Es ist ja meistens unbedacht. Aber gerade weil es unbedacht ist, sollten wir uns bedenken und vom leichtsinnigen Gebrauch des Namens Gottes abkommen.
Schwerwiegender ist der bösartige Gebrauch des Namens Gottes, das Fluchen. Was versteht man unter Fluchen? Zwei verschiedene Dinge. Einmal bedeutet Fluchen das zornige Ausstoßen des heiligen Namens Gottes, das zornige Ausstoßen des heiligen Namens Gottes. Wenn man in Wut gerät, sollte man sich ein Kraftwort angewöhnen, meinetwegen „Manometer“ oder irgendetwas, aber man sollte nicht den Namen Gottes dazu gebrauchen. Vor einiger Zeit ging ich einmal in Mainz über die Brücke, die über die Bahngleise führt, und ich ging – der Weg ist ja ziemlich breit – links. Da kam mir ein Herr entgegen und sagte: „Herrgott, rechts gehen!“ Der Herrgott hat sicher damit nichts zu tun, dass man den Gehweg auf der linken Seite benutzt. Das ist zorniges Ausstoßen des heiligen Namens Gottes. Das eigentliche Fluchen aber besagt noch mehr; da kommt nämlich die Verwünschung dazu, dass man jemandem Böses wünscht oder sich selbst Böses wünscht. „Hol mich der Teufel“, nicht wahr? Oder „Gott verdamm mich!“ Das sind solche Fluchworte, die nicht über den Mund des Christen kommen dürfen. Fluchen ist die Sprache der Hölle, und nur wer in die Hölle will, der sollte sich diese Sprache angewöhnen.
Neben dem Fluchen gibt es die Gotteslästerung, an erster Stelle die Beschimpfung Gottes, die Beschimpfung Gottes oder des Gottmenschen oder des heiligsten Sakramentes. Und diese Beschimpfung Gottes ist ja leider Gottes nicht selten. Wir hören eben wieder, wie ein Buch, das mit 60 Millionen Exemplaren verkauft worden ist, den Namen Gottes, den Namen Jesu verunehrt, wie daraus ein Film gemacht worden ist, wo unser Heiland verspottet wird. Es wird ihm ein Geschlechtsverhältnis zu Maria Magdalena angedichtet. Das ist Beschimpfung des heiligen Namens Gottes, des heiligen Namens unseres Herrn Jesus Christus. Wie scharf reagieren die Mohammedaner, wenn man ihren Propheten verspottet, und wie wenig rühren sich die Christen, wenn ihr Herr und Heiland Jesus Christus verunehrt wird. Die ewige Liebe wird verhöhnt, und die Christen schweigen. Auch der Herr vom Bischofsplatz, der sonst immer spricht und bei allen Gelegenheiten spricht, schweigt zu dieser Gotteslästerung! Und doch wäre es notwendig, zu reden. Da sagt man: Ja, damit macht man nur Propaganda. Das ist keine Propaganda, das ist die Wehr und die Abwehr der Lästerung, die gegen Gott geschieht, und diese Abwehr sind wir schuldig.
Es gibt auch eine Gotteslästerung durch die Tat, das ist der so genannte Gottesraub. Gottesraub begeht, wer gottgeweihte Personen oder Sachen oder Orte verunehrt. Alles, was geweiht ist, ist durch diese Weihe in besonderer Weise Gott übereignet. Die Priester, die Ordenspersonen, die Kelche, die Messgewänder, die heiligen Geräte, das Gotteshaus und nicht zuletzt die Sakramente. Wer sich an gottgeweihten Personen vergreift oder wer gottgeweihte Dinge zum profanen Dienst missbraucht, wer ein Sakrament unwürdig empfängt, der begeht einen Gottesraub. Im Jahre 1951, meine lieben Freunde, kam ich als Kaplan am Morgen aus dem Pfarrhaus zur Kirche und sah, wie die Kirche erbrochen war und die Meßgewänder und die heiligen Geräte auf dem Platze davor verstreut waren. Irgendwelche böse Buben waren eingebrochen und hatten diesen Vandalismus angerichtet. Nicht selten sagen mir Pfarrer: „Wir müssen die Kirche verschließen, denn es wird Unfug angerichtet.“ Es gibt Leute, die verrichten im Beichtstuhl ihre Notdurft! Also die Gotteslästerung durch die Tat ist keineswegs selten. Kreuze werden geschändet, der Haß gegen Gott und seine Kirche sucht sich immer neue Objekte. Und doch wird keines dieser Vergehen ungestraft bleiben. Im Alten Testament wird berichtet, wie der König Belsazar die heiligen Gefäße aus dem Tempel benutzte bei einem Trinkgelage. Da erschien eine Schrift an der Wand, und die sagte: „Gezählt – gewogen – geteilt.“ Da wurde die Strafe Gottes für den Frevel angedeutet. Auch die Heiden wussten, dass man das Heilige nicht verunehren darf. Vergil zeigt in seiner „Aeneis“, wie die Götter (nach ihrem Glauben) Untaten rächen. Da war der König Phlegias von Thessalien, der den Tempel des Apollo angezündet hatte. Er litt in der Unterwelt schreckliche Qualen, und in der Nacht, in der er schmachtete, da rief er: „Laßt euch warnen! Lernet das Rechte zu tun und die Götter nicht zu verachten!“ Das haben schon die Heiden gewusst.
Eine weitere Form der Verunehrung Gottes ist der Meineid. Der Meineid ist der falsche Eid und der Eidbruch, der falsche Aussageeid und der Versprechenseid, den man nicht gehalten hat. Falscheid und Eidbruch sind größte Verunehrungen Gottes. Es wird Gott zum Zeugen für die Unwahrheit angerufen; darin liegt die Verunehrung. Rudolf von Schwaben, der Gegenkönig Heinrichs IV., unterlag in der Schlacht von Merseburg. Ihm wurde die rechte Hand abgeschlagen, und als er sie betrachtete, da sagt er: „Das ist die Hand, mit der ich einst meinem König die Treue geschworen hatte.“ Er hat also diese Verwundung als Strafe für seinen Eidbruch angesehen.
Die Eidestreue, das sei auch noch gesagt, hat eine Grenze. Wenn derjenige, dem man den Eid, den Treueid, geleistet hat, den Eid missbraucht, also die Eidgenossen zum Unrecht auffordert und ihnen Böses ansinnt, dann verpflichtet der Eid nicht mehr, dann ist man zum Gehorsam nicht mehr verpflichtet. Diese Ansicht haben mit Recht die christlichen Männer gehabt, welche am 20. Juli den Verderber Deutschlands und der ganzen Erde umbringen wollten. Der Eid auf diesen Mann hat nicht mehr gegolten, denn er hat ihn tausendfach gebrochen.
Auch das Gelübde kann man brechen. Es ist manchmal zu schwer. Mir erzählte einmal eine Dame, sie sei mit dem Auto gefahren und verunglückt und konnte sich nicht mehr aus dem Auto befreien. In dieser Not hat sie ein Gelübde gemacht: „Ich werde täglich die heilige Messe besuchen, wenn ich hier noch einmal heraus komme.“ Sie kam heraus, aber sie war berufstätig, und im Laufe der Zeit stellte sich heraus, dass halt die tägliche Messe zu anspruchsvoll für sie war. Was hat sie getan? Sie hat sich – was möglich ist – das Gelübde von einem Priester umwandeln lassen. Sie hat das Gelübde nicht gebrochen, sondern weil es zu schwer war, hat sie dem Priester, der die Gewalt dazu besitzt, die Umwandlung angesonnen, die auch dann geschehen ist.
Es liegt, meine lieben Freunde, ein heiliger Ernst auf dem 2. Gebote Gottes: „Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren.“ Wir, seine Diener, wir, seine Verehrer, wir, seine Verteidiger müssen für die Ehre Gottes besorgt sein. Das geschieht einmal dadurch, dass wir selbst den Namen Gottes heilig halten. Es geschieht aber auch dadurch, dass wir anderen nach Kräften die Verunehrung des Namens Gottes wehren. Lassen wir, meine lieben Freunde, immer wieder das Kirchengebet in unserem Herzen aufklingen: „O Gott, laß mich deinen heiligen Namen zugleich fürchten und lieben, denn du entziehst niemals deine Führung denen, die sich dir ergeben haben.“
Amen.